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Heizenergieverbrauch eines Mehrfamilienhauses 1958 vor und nach der Sanierung

Um den Erfolg der wirkungsvollen Reduzierung des Energieverbrauchs nach der energetischen Sanierung eines Mehrfamilienhauses darzustellen, müssen die Energieverbräuche vor und nach der Sanierung verglichen werden. Eine der wichtigen Probleme sind das Nutzungsverhalten bei unterschiedlichen Energiekosten, die individuelle Heizungsmöglichkeit und die vorgegebene zentrale Heizung. Bewertet wird ein Mehrfamilienhaus von 1958 in Blockbauweise aus Leichtzuschlag-Beton Ziegelsplitt in Leipzig.

1. Kennwerte für das Haus

 

Das Mehrfamiliengebäude wurde 1958 in Blockbauweise erbaut. Die Außenwände bestehen aus Leichtzuschlag-Beton Ziegelsplitt. Nach Eichler [1] wird für λ ~0,85 W/mK bei einer Rohdichte 1700 kg/m3 bzw. für die Außenwand mit 32 cm Wandstärke R = 0,54 m2K/W für den gemessenen Wert und 0,44 m2K/W nach TGL 35424/02 angegeben.

1997 erfolgte eine Sanierung im bewohnten Zustand. Dabei wurde ein Wärmeverbundsystem mit 8 cm Styropor mit λ 0,04 W/mK angebracht, alle Kastenfenster wurden durch Isolierverglasung mit λ=1,6 W/mK ausgetauscht, die offenen Balkons wurden voll verkleidet und mit Isolierfenster ausgestattet. Die Kellerdecke und der Fußboden des Wäschebodens wurden mit 8/10 cm Dämmplatten (Styropor) gedämmt.

U-Wert vor der Sanierung Außenwand 2,3 W/m2K (Ziegelsplittbeton) und Fenster circa 2,6 W/m2K

 

U-Wert nach der Sanierung für die Außenwand 0,4 W/m2K (Ziegelsplittbeton und 8 cm Styropor) und für die Fenster 1,6 W/m2K, Dämmung des Fußbodens zum Dachraum mit 8/10 cm Styropor-Schichtplatten und Spritzdämmung der Kellerdecke. (Zur Vereinfachung der Berechnung wird für alle Flächen ein U-Wert mit 0,4 W/m2K verwendet.)

In der Heizkostenabrechnung werden ein frei stehendes Wohnhaus mit 3 Hauseingänge und ein Gebäudeanbau (1 Hauseingang) mit einer Giebelseite mit einem Wohnflächenanteil von 2281 m2 WF einbezogen.

 

Durchschnittlicher Heizkostenverbrauch für die 2281 m2 Wohnfläche laut Mietabrechnung:

 

Jahr

Heizung u. Warmwasser

[in MW]

Anteil

Heizung

[in %]

Heizung

[in MW]

1998

243

77,43

181,2

1999

180

73,06

131,5

2000

158

67,46

106,6

2001

188

75,58

142,1

2002

172,9

77,56

134,1

2003

158

73,05

115,4

2004

192

76,53

146,9

2005

158,8

72,42

115,0

2006

173,2

75,47

130,7

 

Summe

133,7

 

Für die Hüllfläche ergibt sich:

Außenwandfläche

Gebäude 1: (55,8 m + 12 m) x 12 m x 2 = 1627,2 m2

Gebäude 2: (12,1 m + 12,1 m + 11,2 m) x 12 m = 424,8 m2

Fläche zum Dach und Keller

Gebäude 1: 55,8 m x 12 m x 2 = 1339,2 m2

Gebäude 2: 12,1 m x 11,2 m x 2 = 253,4 m2

Gesamtfläche 3662,2 m2 (inklusiv Fenster)

Fenster und Türen

114 Stück x 1,6 m x 1,8 m = 328,32 m2

40 Stück x 1,1 m x 1,6 m = 70,4 m2

7 Stück x 2,3 m x 2,0 m = 32,2 m2

Gesamtfläche 430,92 m2

 

 

2. Betrachtung des Energieverbrauchs für eine Wohnung

 

Für eine Wohnung stehen die Heizenergieverbräuche vor und nach der Sanierung zur Verfügung.

 

Die Wohnfläche der Wohnung in der 2. Etage (insgesamt 4 Etagen) beträgt 71,8 m2, die Außenwand hat 37,9 m2, davon Fensterflächenanteil 11,5 m2. Die Gradtagzahl für Leipzig beträgt 3350 Kd/a.

 

a) Verbrauch an Energieträger vor der Sanierung

 

Es wurden 1750 kg (Durchschnitt über viele Jahre) Braunkohlenbrikett verbraucht. Heizwert nach verschieden Quellen mit 4,86 KWh/kg, 5,46 KWh/kg, 5,47 KWh/kg.

(Wie hoch der Brennwert wirklich war lässt sich nicht bestimmen. Fakt ist, dass in den 80iger Jahren des letzten Jahrhunderst die Qualität der Brankohlenbrikett stark nachgelassen hatte. Als Bezugbasis sollte daher der 1. Wert herangezogen werden. )

Jahresverbrauch: 1750 kg x 4,86 KWh/kg = 8505 KWh bzw. 1750 kg x 5,47 KWh/kg = 9573 KWh

 

Verbrauch pro Wohnfläche liegt zwischen 8505 KWh / 71,8 m2 = 118 KWh/m2a und 9573 KWh / 71,8 m2 = 133 KWh/m2a

 

b)Verbrauch an Energieträger nach der Sanierung

 

Nach Heizkostenabrechnung für das Jahr 2006 des Vermieters für alle Wohnungen.

 

Für Heizkosten 130766 KWh / 2281 m2 = 57,32 KWh/m2a

Für Warmwasser 42434 KWh / 2281 m2 = 18,60 KWh/m2a.

 

Für eine Wohnung mit 71,8 m2WF ergibt dies einen durchschnittlichen Jahresverbrauch für die Heizung

57,32 KWh/m2 x 71,8 m2 = 4114 KWh.

 

Mit den Sanierungsmaßnahmen (Außendämmung, Dämmung Dachboden und Keller, neu Fenster und Zentralheizung) wird der Heizwärmebedarf auf circa 50% reduziert. Diese Angaben können nur als relativ angesehen werden, da einmal der Verbrauch für eine Wohnung vor der Sanierung und der Verbrauch für das gesamte Gebäude nach der Sanierung betrachtet wird. Eine Einbeziehung der vielen unterschiedlichen Einflussfaktoren, wie Leerstand, Temperierung des Treppenhauses, Anzahl der beheizten Räume, Mieteranzahl usw. wird kaum zu einem genaueren Ergebnis führen.

 

3. Der theoretische Energieverbrauch nach Wärme übertragenden Umfassungsfläche

 

Die Außenfläche (Außenwand, zum Dachboden und Kellerdecke) der 4 Häuser betragen

3231,28 m2 und für die Fenster und Haustüren 430,92 m2. Die Gradtagzahl für Leipzig liegt bei 3350 Kd/a. (Setzt sich zusammen aus mittlerer Zahl der Heiztage und der mittleren Lufttemperatur aller Heiztage.)

 

Wand 24 h/d x 3350 Kd/a x 3231,28 m2 x 0,4 W/m2K = 103.918 kWh/a

Fenster 24 h/d x 3350 Kd/a x 430,92 m2 x 1,6 W/m2K = 55.433 kWh/a

Summe = 159.341 kWh/a

 

Der theoretische Energieverbrauch liegt bei circa 159.400 MW und der durchschnittliche Heizenergieverbrauch über einen Zeitraum von 9 Jahren bei 133,700 MW. Bei dieser vereinfachten Betrachtung werden alle anderen internen Energiegewinne, wie Warmwassererzeugung, Stromverbrauch, solare Gewinne und anderes vernachlässigt.

Es ist aber auch zu beachten, dass die Gradtagzahl zur Berechnung der Heizkosten dient und nicht die örtlichen mikroklimatischen Bedingungen berücksichtigt wird. Diese überschlägliche Betrachtung ist jedoch viel einfacher als der umfangreiche Rechenvorgang nach der EnEV mit den zahlreichen Anpassungs- und Korrekturfaktoren, welche ohnehin auch nur geschätzt werden müssen.

 

Nach der EnEV wird der Jahres-Primärenergiebedarf (vereinfacht)wie folgt ermittelt:

 

QP =( Qh + QW)* ep

bzw.für Jahres-Heizwärmebedarf

Qh=66(HT + HV - 0,95(QS+ Qi)

für

HT = (Fxi Ui Ai) + 0,05 A

HV= 0,19 Ve

QS = (IS)J,HP 0,567 giAi

Qi = 22 AN

 

HT spezifischer Transmissionswärmeverlust

HV spezifischer Lüftungswärmeverlust

QS solare Gewinne

QW Zuschlag für Warmwasser (12 KWh/m2a)

eP Anlagenaufwandszahl

Qi interne Gewinne

AN Gebäudenutzfläche

Fxi Temperaturkorrekturfaktor

 

Durch die Anpassungs- und Korrekturfaktoren versucht man hier ein möglichst genaues Rechenergebnis vorzutäuschen. Hier soll nur kurz das Warmwasser betrachtet werden. Aus der Abrechnung (42434 kWh für 2281 m2) ergibt sich für diese Häuser, wenn man QW einsetzt, eine Differenz von 15 MW, also eine Abweichung von fast 10% für den Primär-Jahresenergiebedarf.

Die Berechnung des Transmissionswärmeverlustes basiert lediglich auf den Wärmestrom im Wandquerschnitt und der Wärmekonvektion. Der Wärmeübergang erfolgt jedoch durch Konvektion und Strahlung. Es muss aber auch der übertragene Wärmestrom durch Strahlung berücksichtigt werden. Von der Wandoberfläche geht stets emittierte (eigene) und reflektierte (fremde)Strahlung aus. Die Berechnung müsste also noch ergänzt werden durch

 

QS = Aε12CS [( T1/100)4 - (T2/100)4]

 

Das Problem besteht hier, dass bei dem Strahlungsaustausch zwar die Größe der Umhüllungsfläche des Gebäudes bekannt ist, jedoch die zweite sich aus ∑ A1 ... A∞ zusammensetzt. Messtechnisch kann dies nur durch die kleinere IR-Temperatur gegenüber der Lufttemperatur bei klarem Himmel festgestellt werden.

 

4. Kommentar und Bewertung

 

Diese Betrachtung erfolgt unabhängig von der Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs QP für Gebäude nach DIN EN 832 in Verbindung mit DIN V 4108-6.

Die oben genannten Verbrauchszahlen sind Durchschnittswert. 1997 erfolgte die Sanierung und Umstellung auf die neue Heizung (individuelle Ofenheizung zur Zentralheizung). Der höhere Energieverbrauch 1998 kann mit einem ungewohnten Heizverhalten in Verbindung stehen. In den Folgejahren ist der Verbrauch ausgeglichen. Es ist nicht anzunehmen, dass alle Mieter der 2281 m2 Wohnfläche zufällig das gleiche Nutzungshalten haben, sodass hier von einem durchschnittlichen ortsbezogenen Verhalten ausgegangen werdenkann.

Zu verzeichnen ist aber auch, dass mit dem steigenden Energiepreis sparsamer mit der Wärmeenergie umgegangen wird. Es werden vielfach durch die Mieter nicht mehr alle Räume beheizt.

Dies wird auch in einer Umfrage im November 2007 durch Immowelt.de, an der über 1.400 Personen teilgenommen haben, deutlich. "So senkt jeder Fünfte die Raumtemperatur und fröstelt lieber, während weitere 20 Prozent nicht die ganze Wohnung heizen, sondern lediglich einzelne Räume."

Durch die Mieter wird ausgesagt, dass in den letzten Jahren die Temperatur des bereitgestellten warmen Wassers verringert und auch die Zufuhr des Heizmediums gedrosselt wurde. Auch beim Aufdrehen der Heizung, bleiben diese an bestimmten Tagesabschnitten kalt. Die Folge ist eine niedrigere Raumtemperatur. Da bereits eine Absenkung der Raumtemperatur von 1 K einer Heizenergieeinsparung von 5-6% entspricht, kann die oben genannte Energieeinsparung aus der Sanierung nicht als absoluter Wert betrachtet werden. Die Wohnsituationen (Bewohner) haben sich verändert und lassen sich nur bedingt vergleichen.

 

Der Bedarfsausweis, wie er von der dena (Deutsche Energie-Agentur GmbH) empfohlen wird, dokumentiert den energetischen Zustand des Gebäudes durch den rechnerischen Energiebedarf. Dem gegenüber beruht der Verbrauchsausweis auf dem Energieverbrauch der vergangenen drei Jahre und ist selbstverständlich stark vom individuellen Nutzerverhalten abhängig und wird so von der dena als weniger aussagekräftig eingeordnet.

 

Der genau Jahres-Heizenergiebedarf der oben genannten Gebäude lässt sich nicht bestimmen. So lässt sich aus dem Verbrauch an elektrischen Strom kein genauer Wärmegewinn ableiten, dies betrifft aber auch für alle anderen internen Energiegewinne zu. Das Minimum liegt beim Energieverbrauch für die Heizung und wird durch die Summe, der eingetragen Energien nach oben begrenzt.

Bei der theoretischen Berechnung des Energieverbrauches tritt eine noch größere Unbekannte auf. Das ist der Lüftungswärmeverlust. Natürlich lassen sich nach der DIN die Fugendurchlässe genau berechnen. Dagegen sind die Lüftungsgewohnheiten der Mieter unbekannt. Ebenso basieren die internen Energiegewinne auf Abschätzungen. Hier lässt sich kein Eingrenzungsfeld festlegen, da die Obergrenze nicht durch konkrete Zahlen bestimmt wird.

 

Die geschätzte Einsparung an Wärmeenergie durch die nachträgliche Wärmedämmung bei der vorliegenden Gebäudehülle dürfte bei circa 50 % liegen.

Hohe Einsparpotenziale ergeben sich bereits aus der Dämmung zum nicht ausgebauten Dachboden und zum Keller, sowie der Austausch der isolierverglasten Fenster gegen die älteren Kastenfenster.

 

Der Anteil dieser beiden Flächen (Dach + Keller) mit 1898,2 m2 macht 59 % der gesamten gedämmten Hüllfläche aus. Mit dem Austausch der alten Fenster (circa u = 2,6 W/m2K) durch Isolierverglasung (u = 1,6 W/m2K) dürfte sich bei den 431 m2 Fensterfläche circa 14.2 MW einsparen lassen. Das sind noch einmal circa 10 %. Nicht berücksichtigt wird die größere Dichtheit dieser neuen Fenster unter dem Gesichtspunkt des unkontrollierten Lüftungswärmeverlustes. (Anmerkung: Zu dicht sollten die Fenster auch aus der Sicht der hygienisch notwendigen Lüftung nicht sein.)

 

Zusammenfassung

Der verbrauchsabhängige Wärmeenergiebedarf ist bei diesen 4 sanierten Häusern geringer als der theoretische Energieverbrauch nach vereinfachter Berechnung der Wärme übertragenden Umfassungsflächen.

Die Energieeinsparung durch die energetische Sanierung der Gebäudehülle lässt sich nur auf der Grundlage des Vergleichs des Energieverbrauches bei einer Wohnung einschätzen. Sie dürfte sich etwa halbiert haben. Die größten Wärmenergieeinsparungen von circa 70% dürften sich aus dem Fensteraustausch und der Dämmung zum Dachboden und zum Keller ergeben.

 

Peter Rauch 10.01.2008


Weiterführende Literatur:

Literatur:
[1] Eichler, Friedrich; Arndt, Horst; Bautechnischer Wärme- und Feuchtigkeitsschutz 1989; Bauverlag, S. 27 u. 223


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