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5.3.5. Die Tauwasser- und Schimmelgefährdung am Fenster

Das Problem der Fensteröffnungen in Bezug auf die Tauwasserbildung ist sehr umfangreich. Im Punkt 5.3.4. wurden bereits die Problemzonen bei den Dachflächenfenstern genannt, sodass in diesem Abschnitt nur noch die wichtigsten Zusammenhänge genannt werden. Das Entfernen noch vollständig intakter Mehrscheibenfenster, wie es in der Praxis oft erfolgt, ist nicht begründbar.
Jedoch muss hier beachtet werden, wie groß ist der Fensterflächenanteil an der Gesamtaußenwand, liegt eine Nord- oder Südseite vor und wieweit wirkt der temporäre Wärmeschutz vor. Eine energetische Verbesserung eines Kastenfensters (uF = 2,6 W/m2K) kann mit einem Rollladen auf u = 1,8 W/m2K, mit einem Klappladen auf u = 1,3 W/m2K, mit einem Rollo (Gewebe) auf u = 1,9 W/m2K verbessert werden. [78] Ein Austausch durch Isolierverglasung ist nicht in jedem Fall erforderlich und sinnvoll.

Ein Problem stellt der Mauerwerksanschluss (Bild 5.3.5.1.) der Fenster dar. Der Wandquerschnitt ist z. B. ca. 38 cm und am Fensteranschluss nur 15 bis 20 cm (Kastenfenster). Damit entweicht an den Wandanschlüssen der Fenster schneller die Wärmeenergie. Es kommt zur Abkühlung an der Innenseite der Fensterlaibung.

Wärmestrom am Kastenfenster
Bild 5.3.5.1.: Wärmefluss am Maueranschluss eines Kastenfensters

Im Bild 5.3.5.2. kann man sehr deutlich das Problem der Wärmebrücke erkennen. Hier wurde das Kastenfenster bei der Sanierung durch eine Isolierverglasung ausgetauscht. Statt der bisherigen 20 cm liegen nur noch 8 cm Wandquerschnitt zwischen innen und außen vor.

Wärmestrom an Isolierverglasung
Bild 5.3.5.2.: Beim Austausch der Kastenfenster durch Isolierverglasung ist eine Wärmedämmung an der äußeren Fensterlaibung erforderlich.

Ohne eine zusätzliche Wärmedämmung an der außeren Fensterlaibung kommt es sehr schnell zur Kondenswasserbildung an den Wandanschlüssen, wie es im Bild 5.3.5.3. deutlich zu sehen ist. Hier war jedoch auch noch die Luftfeuchtigkeit sehr hoch, sodass diese Wärmebrücke sehr deutlich sichtbar wurde. Begünstigt wird der Befall des schmalen Putzstreifens sicherlich auch durch einen fehlerhaften Einbau der Fenster, z. B.ungleichmäßiges Ausschäumen (in der Zwischenzeit ist das nicht mehr zulässig) und die Verwendung von Gipshaftputz (siehe hierzu Punkt Baustoffeigenschaften).

Wärmebrücke neben Fensterrahmen
Bild 5.3.5.3.: Wärmebrücke neben dem Fensterrahmen

Durch verschiedene Konstruktionen können Wärmebrücken vermieden bzw. deren Wirkung verringert werden. Im Bild 5.3.5.4. werden verschiedene Varianten des Fenstereinbaus ohne Dämmung und mit Außen-, Kern- sowie Innendämmung aufgezeigt. Darunter sind die verbesserten Ausführungen dargestellt.

Varianten des Fensteranschlusses
Bild 5.3.5.4.: Varianten der Mauerwerksanschlüsse der Fenster

Die Fugen zwischen Fensterrahmen und Wandanschluss sind elastisch zu verschließen. Geeignet sind Dämmstoffstreifen, -fasern oder -stricke. Treten hier Undichtigkeiten auf, so wirkt sich dies wie im Bild 5.3.5.5. aus. In der Praxis werden die Fensterrahmen nach dem Verdübeln bzw. Verankern mit Bauschaum ausgeschäumt und anschließend mit Gipshaftputz geglättet. Die Montage ist sehr schnell, jedoch bei ungleichmäßiger Ausfüllung und beim Abschneiden des überquellenden Schaums wird keine durchgängige Fugendichtheit erreicht. (Bauschaum ist nur mit der ausgebildeten dichteren Oberfläche hinreichend luftdicht.) Durch den aufgebrachten Putz wird dies zum Teil wieder ausgeglichen, siehe Bild 5.3.5.3. Beim Einbau der neuen Fenster sind daher Quellbänder einzulegen.

Tauwasser am Fenster
Bild 5.3.5.5.: Sind die Fugen zwischen dem Fensterrahmen und dem Mauerwerk nicht dicht, so bildet sich an diesen Stellen Kondenswasser und in vielen Fällen Schimmelpilze, siehe Bild 5.3.5.3.

Weiterhin spielt die Anordnung der Heizkörper eine wichtige Rolle. Im Bild 5.3.5.6. und 5.3.5.7. wird der Wärmestrom durch das überragende Fensterbrett verändert, sodass der untere Teil des Fensters nicht ausreichend erwärmt werden kann, wie vergleichsweise andere Bauteile. Der Heizkörper muss daher weiter vorgesetzt und/oder ein schmaleres Fensterbrett eingebaut werden. Zusätzlich wirkt die bereits o. g. geringere Wärmedämmung in den Fensterlichten (Geometrie des Anschlusses). Sind dann auch noch die Fenster falsch eingebaut, so können sich sehr schnell Schimmelpilze ansiedeln. Fensterlichten sollten daher möglichst nicht tapeziert werden, bzw. wenn hier Feuchtigkeit auftritt, dann sind die Tapeten und der Tapetenleim zu entfernen, da diese eine gute Nahrungsgrundlage für Schimmelpilze bilden.

Fensterbank und Heizkörper
Bild 5.3.5.6.: Schema zum veränderten Wärmestrom durch die überstehende Fensterbank

Fensterbank und Heizkörper
Bild 5.3.5.7.: Beispiel einer falschen Heizkörperanordnung und eine überstehende Fensterbank

5.4. Die Kondensation und die Mauerfeuchtigkeit

5.4.1. Allgemeines

Für die Schimmelpilzbildung ist nicht nur die Kondenswasserbildung an der Wandoberfläche bzw. an den Einrichtungsgegenständen verantwortlich, sondern auch die Feuchtigkeit in den Bauteilen selbst, die durch Baufehler aber auch durch Sanierungsmaßnahmen verursacht werden. Es wirken hier eine Reihe von bauphysikalischen Zusammenhängen. In der Anlage 9 werden ausgewählte Begriffe näher erläutert. Im Bild 5.4.1.1. wird ein Beispiel dargestellt, wo sich hinter dem Heizkörper massiv Schimmelpilz gebildet hat. Unabhängig vom schlechten Lüftungsverhalten des Mieters in dieser Erdgeschosswohnung sowie das Wäschetrocknen, liegt im Mauerwerk eine sehr hohe Feuchtigkeit vor. Hinzu kommt auch noch eine hohe Salzbelastung.

Schimmel hinter Heizkörper
Bild 5.4.1.1.: Starke Durchfeuchtung der Außenwand

Im folgenden Bild 5.4.1.2. wird die Ursache gezeigt. Das neue Hofpflaster wurde mit einem negativen Gefälle hergestellt. Das Niederschlagswasser läuft zur Hauswand und gelangt zwischen die Noppenbahn und die Außenseite der Kellerwand. Genau in diesem Bereich zeigt das Kellermauerwerk bis in die Kappe eine ungewöhnlich hohe Feuchtigkeit und eine starke Salzausblühung. Die Auswirkungen dieser Durchfeuchtung mit der Schimmelpilzbildung sind dann an der Außenwand der Küche zu erkennen (Bild 5.4.1.1.).

Hoffläche
Bild 5.4.1.2.: Ein negatives Gefälle führt das Niederschlagswasser zur Außenwand und so zur Durchfeuchtung.

Die früher verwendeten Baustoffe wie Ton, Lehm oder Holz haben zum Teil günstigere bauphysikalische Eigenschaften als die neueren Baustoffe, wie z. B. Polystyrol, in Bezug auf Dampfdiffusion und Wasserdampfaufnahmevermögen. Die Auswahl konstruktiver Wandbaustoffe, Putze und Beschichtungen sollten unter dem Gesichtspunkt einer guten Funktionsfähigkeit und annähernd gleicher bauphysikalischer Eigenschaften erfolgen.

Alle Bauteile, die einer höheren Feuchtigkeit ausgesetzt werden, unterliegen unerwünschten chemischen und physikalischen Prozessen, die das Bauteil über mehr oder weniger lange Zeit zerstören, wie Kristallisations- und Hydrationsdruck sowie Taupunkt im Winter (gefrieren und tauen). Ebenso wird die Wärmeleitfähigkeit erhöht, was wiederum einen erhöhten Wärmefluss mit höheren Heizkosten bedeutet. Diese feuchten Wandflächen kühlen schneller ab, als die benachbarten trockenen. Die Folge ist eine Gefährdung durch Kondenswasserbildung, welche oft durch die Schimmelpilzbildung erkennbar ist. Neben den Schimmelpilzen kommen noch chemische Belastungen hinzu, die sowohl aus den Baustoffen und auch aus den Einrichtungsgegenständen stammen, wie z. B. Formaldehyd, 4,4'-Diaminodiphenylmethan u. a.

Ein Vergleich in Stichproben der Innenraumluft alternativer und konventioneller Häuser durch die Fachhochschule Kiel zeigte z. B., dass die Luft in den alternativen Häusern besonders hoch mit Terpenen befrachtet war. Terpene sind oft als Biolösemittel in alternativen Farben und Wachsen enthalten. Ihre toxische Wirkung, die wie bei allen Stoffen eben auch von der Konzentration abhängt, ist noch wenig erforscht. Zudem konnte man auch feststellen, dass sich zusätzlich zu den Terpenen in der Luft die gleichen Stoffe, ja zum Teil sogar in noch höheren Konzentrationen befanden, die auch in den konventionellen Häusern anzutreffen waren. Die Luftqualität in den alternativen Häusern war also keineswegs besser. [79]

5.4.2. Der Feuchtigkeitsaustausch und das Feuchteverhalten der Baustoffe

Die Wohn- und Arbeitsräume umschließt eine Bauhülle. Selbst gleiche Gebäude mit denselben Baustoffen am gleichen Standort können zum Teil recht unterschiedliche Eigenschaften aufzeigen. Das zeigten bautechnische Untersuchungen an 10 Doppelhäuser 1992 in Sachsen. Diese Häuser wurden durch 3 verschiedene Baufirmen mit gleichen Baustoffen unterschiedlicher Hersteller errichtet. Zwei dieser Häuser waren extrem durch Schimmelpilze befallen. Eine der Ursachen war die hohe Salzbelastung der verwendeten Ziegelsteine.

In Werkstoffen kann Wasser gespeichert werden. Dies hängt vom Anteil der Poren und der Ausbildung von Kapillaren ab. Dieser Gehalt an Wasser wird als Feuchtegehalt bezeichnet. Dieser Feuchteanteil im Baustoff bezieht sich auf das Trockengewicht oder auf das Volumen volumenbezogener Feuchtegehalt des Baustoffes. Der massebezogene Feuchtegehalt (Um) ergibt sich aus dem Trockengewicht (Gtr) und dem Gewicht des Baustoffes im feuchten Zustand (Gf) und wird in Gew-% oder Masse-% angegeben.

Der volumenbezogene Feuchtegehalt (Uv) ergibt sich aus der Rohdichte (ρ) des Baustoffes und dem massebezogenen Feuchtegehalt (Um) und wird in Vol-% angegeben Als praktischer Feuchtegehalt von Baustoffen wird derjenige Feuchtegehalt angesehen, der sich bei üblicher Umgebung des Baustoffes als Gleichgewichtsfeuchte einstellt. In der Regel wird als Umgebung ein normales Raumklima mit einer Temperatur von 20 ºC und einer relative Luftfeuchte von 60% zugrunde gelegt. Praktische Feuchtegehalte sind in der DIN 4108, Teil 4, Anhang A Tabelle angegeben. [198]

Um = 100 x (Gf - Gtr)/Gtr

Uv = Um x ρ / 1000 kg/m3

Der praktische Feuchtegehalt (Tabelle 1) wird sich je nach dem Standort, ob Keller, Dach, im Bad, oder Südseite und wird von diesem beeinflusst.

Beispiel: Es wird ein Stück Ziegelstein aus einem feuchten Kellermauerwerk entnommen. ρ = 1800 kg/m3, Einwaage Gf = 256 g, Gtr = 248 g

Um = 100% x (256 g - 250 g)/250 g = 2,4 %
Uv = 2,4 % x 1800 kg/m3 / 1000 kg/m3 = 4,32 %

Tabelle 5.4.1: Praktischer Feuchtegehalte von Baustoffen und Bauteilen [80, 81]

Baustoffe Praktischer Feuchtegehalt
volumenbezogen [Vol %]
Ziegel Ca. 1,5
Kalksandstein Ca. 5,0
Beton mit geschlossenem Gefüge mit dichten oder porigen Zuschlägen Ca. 5,0
Leichtbeton mit haufwerksporigen Gefüge mit dichten Zuschlägen nach DIN 4226 Teil 1 ca. 5,0
Leichtbeton mit haufwerksporigem Gefüge mit porigen Zuschlägen nach DIN 4226 Teil 2 ca. 4,0
Porenbeton 3,5
Gips, Anhydrit Ca. 2,0
Vollziegel 1 ... 2,5
Hohlziegel 1,5 ... 4,0
Innenputz 1 ... 10
Außenputz 1 ... 7
Anorganische Stoffe in loser Schüttung; expandiertes Gesteinsglas (zum Beispiel Blähperlit) 5,0 (massenbezogen)
Mineralische Faserdämmstoffe aus Glas-, Stein-, Hochofenschlacke-(Hütten-)Fasern 5,0 (massenbezogen)
Schaumglas 0 (massenbezogen)
Holz, Sperrholz, Spanplatten, Holzfaserplatten, Holzwolle-Leichtbauplatten, Schilfrohrplatten und -matten, organische Faserdämmstoffe 15,0 (massenbezogen)
Pflanzliche Faserdämmstoffe aus Seegras, Holz-, Torf- und Kokosfasern und sonstigen Fasern 15,0 (massenbezogen)
Korkdämmstoffe 10,0 (massenbezogen)
Schaumkunststoffe aus Polystyrol, Polyurethan (hart) 5,0 (massenbezogen)

Jeder Baustoff steht in einem Feuchtegleichgewicht zu seiner Umgebung. Es stellt sich so ein praktischer Feuchtegehalt ein (Tabelle 8). Je nach dem Standort, ob Keller, Dach, im Bad, Fassade auf der Südseite u. a., wird dieser beeinflusst.

Eine wichtige Rolle spielt die Feuchtigkeit nicht nur an der Wandoberfläche, sondern auch im Wandquerschnitt.

Ein Teil dieser Feuchteschäden kann zu einem Schimmelpilzbefall führen. Neuere Untersuchungen weisen nach, dass Feuchtigkeit in Wohnungen mit einer höheren Prävalenz an allergischen Erkrankungen sowie an Asthma und an Infektionen der oberen Atemwege verbunden ist. [82] In einer Studie von 2001 [83] wurde 5530 Wohnungen mittels Erhebungsbögen durch die Nutzer erfasst. Es wurden 1213 (21,9 %) sichtbare Feuchteschäden (inklusiv Schimmelpilz) und 513 (9,3 %) Schimmelpilzschäden genannt.

In der nachfolgenden Grafik (Bild 5.4.2.1.) wird die Verteilung die einzelnen Feuchteschäden dargestellt.

Verteilung von Feuchteschäden
Bild 5.4.2.1.: Prozentuale Verteilung der Feuchteschäden im Hochbau [83]

Zum allgemeinen Verständnis sollen hier auch die Feuchtetransporte im Wandquerschnitt kurz vorgestellt werden.

Das Sprichwort „Steter Tropfen höhlt den Stein" weist darauf hin, das Wasser auf alles Feste auflösende Wirkung hat und schon geringe Mengen an der falschen Stelle große Folgen haben kann. [84] In allen kapillarporösen Bauwerksteilen wird Feuchtigkeit gespeichert (vgl. Bild 5.4.2.2.). Die Speicherung verläuft dynamisch und innerhalb desselben Bauteils oft sehr ungleichmäßig ab. Bei kapillarporösen Bauwerksteilen stellt sich ein durchschnittlicher Dauerfeuchtigkeitsgehalt ein. Holz wird z. B. durch eine Gleichgewichtsfeuchtigkeit gekennzeichnet, ist jedoch auch hygroskopisch, kann also aus der Luft Feuchtigkeit binden.

Der Feuchtigkeitsaustausch zwischen einem Bauwerksteil und seiner Umgebung geht auf drei Arten vor sich:

Bild 5.4.2.2.: Feuchteverhalten verschiedener Baustoffe [85]

1. Gut ausgebildetes Kapillarsystem mit kapillar unterschiedlichen Durchmesser:
Großes Wasseraufnahmevermögen, großes Feuchteabgabevermögen z. B. Ziegel, Gips

2. Geschlossene Zellstruktur mit wenigen Kapillaren zwischen den Zellen:
Großes Wasseraufnahmevermögen, geringes Feuchteabgabevermögen, z. B. Gasbeton

3. Struktur mit kleinen, abgeschlossenen Poren und Kapillaren:
Geringes Wasseraufnahmevermögen, geringes Feuchteabgabevermögen, z. B. Schwerbeton, Blähton-Beton

Kapillaren in Baustoffen

Ziegel, Lehm und Holz haben besonders günstige physikalische Eigenschaften und sind deshalb als raumumschließende Baustoffe zu empfehlen. Ihr wesentlicher Vorteil ist, dass sie kurzzeitige Feuchtigkeitsspitzen abbauen können, wie sie z. B. beim Duschen auftreten. Dämmstoffe müssen vor direkter Durchfeuchtung geschützt werden, da ihre Wirkung auf vielen Hohlräumen mit Luft beruht. Bildet sich in diesen Hohlräumen ein Feuchtefilm, so kann bereits bei 1-2 % Feuchteanteil die Dämmwirkung bis auf fast 50 % reduziert werden. Natürliche Dämmstoffe zeigen hier günstigere Eigenschaften. (Bild 5.4.2.3.).

Feuchteverteilung bei Mineralstoffen
Bild 5.4.2.3.: Abhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit von Dämmstoffen bei Durchfeuchtung [87]

Daher sind Dämmstoffe mit einer sorgfältig angebrachten Dampfsperre zu schützen, vor allem wenn eine Innendämmung vorliegt. Bei Dämmstoffen mit höherer Gleichgewichtsfeuchte, wie Kokos, Stroh, Kork oder Zellulose, kann unter Umständen auf die Dampfsperre verzichtet werden. [84] Das betrifft jedoch nur für geringe Dämmstoffstärken. Es ist immer eine einwandfreie Winddichtheit erforderlich.

Die Quantifizierung des Feuchtehaushaltes von Umfassungskonstruktionen hat bisher noch keinen befriedigenden Stand erreicht. Der Nachweis der inneren Kondensatbildung z. B. erfolgt immer noch nach dem Glaserschen Diffusionsschema, das aber weder die hygroskopische Auf- und Entladung noch die kapillare Entspannung des Tauwassers berücksichtigt. [88]

5.4.3. Die Feuchtigkeit im Mauerwerk

Mauerfeuchtigkeit oder auch praktischen und rechnerischen Feuchtegehalt bezeichnet den Feuchteanteil, der sich allmählich in allen kapillarporösen Bauwerksteilen als Durchschnittswert einstellt. Maßgebend sind die klimatischen Gegebenheiten und die Zellstruktur des Stoffes.

Bei der gespeicherten Feuchtigkeit in einer Außenwand handelt es sich um einen ständig veränderlichen Prozess. Es ist daher schwierig, den durchschnittlichen Feuchtegehalt anzugeben. Die außenklimatischen Bedingungen, wie Standort an der Küste oder im Binnenland, die Beanspruchung durch Schlagregen sowie die Jahreszeit wirken hier entscheidend ein, sodass bei gleichem Mauerwerk eines Gebäudes je Ausrichtung vollkommen unterschiedliche Feuchteverteilungen vorliegen können. Dies wirkt sich auf das Wärmeverhalten des Gebäudes aus. [89]

Die Richtung der Diffusion wird von dem absoluten Feuchtegehalt der Luft bestimmt. Sie ist nicht abhängig von der Richtung des Wärmestroms, sie kann dieser entgegengesetzt gerichtet sein. Der Wärmestrom folgt dem Temperaturgefälle und der Dampfdruck dem Dampfdruckgefälle. Diese wird durch die niedrigere absolute Feuchte bestimmt. Z. B. im Winter ist diese bei der kalten Außenluft geringer, daher sind der Wärme- und der Dampfstrom nach außen gerichtet. [85] [90]

Als hygroskopische Gleichgewichtsfeuchtigkeit wird der Zustand bezeichnet, bei dem ein Stoff entsprechend seinen hygroskopischen Eigenschaften die maximal mögliche Wassermenge aus der Raumluft aufnehmen kann, und zwar bezogen auf den momentanen Wassergehalt (siehe Tabelle 9). Mitbestimmend für die Größe dieser hygroskopischen Gleichgewichtsfeuchte ist ferner die Anzahl der Mikroporen im Baustoff, wo in diesen der Wasserdampfdruck dem der Umgebungsluft gleich ist. Gerade unsere hauptsächlichen Wandbaustoffe, Ziegel, Mörtel, und einige Natursteine, besitzen einen hohen Anteil an Mikroporen.

Eine salzhaltige Wand aus den genannten Baustoffen wird also ein Vielfaches der Wassermenge gegenüber einer nicht salzbelasteten Wand aufnehmen. (Weitere Ausführungen unter [91]. In der Praxis treten fast nie Gleichgewichtszustände auf, da sich ständig die Temperatur, Luftströmung und Feuchteproduktion ändert. Der Wassergehalt des Materials und damit der aw-Wert (Wasseraktivität)16) ist abhängig von der chemischen Zusammensetzung des jeweiligen Substrates, der Temperatur und dem pH-Wert des Materials. Es ist das Maß für das frei verfügbare Wasser in einem Substrat. Die meisten Schimmelpilze benötigen für Ihr Wachstum einen aw-Wert von mindestens 0,80-0,85 bei xerophile (trockenliebend) Schimmelpilze kann dieser Wert bei 0,7 liegen. [92] (Weitere Ausführungen hier zu im Punkt 2.2. unter Isoplethensysteme für Sporenauskeimung.)

Die hygroskopische Feuchtigkeit wird oft bei der Sanierung feuchter Wände nicht berücksichtigt.

Selbst nach erfolgreicher Sanierung, also bei tatsächlich hundertprozentig wirksamer horizontaler Absperrung, wird eine salzhaltige Wand entsprechend ihrer hygroskopischen Eigenschaft stets Wasser aus der Luft aufnehmen. Es kommt aber nicht nur zu dieser Wasseraufnahme, sondern entsprechend der stets wechselnden Luftfeuchtigkeit immer wieder auch zu Feuchtigkeitsabgabe und neuer Feuchtigkeitsaufnahme.
In einer salzhaltigen Wand findet trotz ihrer Trockenlegung weiterhin eine mechanische Zerstörung durch den Kristallisations- und den Hydratationsdruck statt. Bei salzbelasteten Baustoffen ist vor den Trockenlegungsmaßnahmen durch Laboruntersuchungen die Höhe der Versalzung qualitativ und quantitativ zu ermitteln. [93] Nicht in jedem Fall sind diese nachträglich angelegten horizontalen und vertikalen Sperrschichten wirtschaftlich sinnvoll.

Durch gezielte Lüftung und Trocknung kann bei geringerem Aufwand oft der gleiche oder bessere Effekt erzielt werden. Salzreiche Materialien können nur von trockenheitsliebenden (xerophilen) Pilzen befallen werden. Diese osmotisch wirkenden Baustoffe entziehen die Feuchtigkeit derart, dass übliche Pilze und Algen entwässert werden würden. Anders sieht es bei feuchter sich von der Wand lösender Tapete aus. Diese berührt nicht die Wandfläche mit den Mauersalzen (siehe Bild 5.4.4.1.).

Tabelle 5.4.1: Maximale Wasseraufnahme von ausgewählten Baustoffen [90]

Baustoffe Rohdichte kg/m3 Porosität Vol.% Max. Wasseraufnahme Vol.%
Vollziegel 1610 40 21  
Hochlochziegel 930 52 24
Kalksandstein 1750 43 25  
Beton 1950 26 22
Gasbeton 610 69 39  
Granit 2620-2850 0,4-1,5 0,4-1,4
Quarzsandstein 2640-2720 0,4-25 0,5-24
Marmor 2700-2900 0,5-2,0 0,4-1,8

Als kritischen Feuchtegehalt bezeichnet man die Wassermenge, die als untere Grenze für den möglichen kapillaren Wassertransport gilt. Unterhalb dieses Feuchtigkeitsgehaltes kann kein kapillarer Wassertransport stattfinden.

Für jeden porösen Baustoff ergibt sich entsprechend seiner Kapillarstruktur ein anderer Wert. Bei Gasbeton liegt der kritische Feuchtigkeitsgehalt bei 18 bis 25 Vol.-%. Bei Ziegeln befindet sich dieser zwischen 2,5 und 5,0 Vol.-% und bei Kalksandsteinen bei 14 Vol.%. Unter normalen Nutzungsbedingungen erreichen die meisten Baustoffe ihren spezifischen kritischen Feuchtegehalt nicht. [94] Dies ist nur bei hohen Feuchtebelastungen, wie schadensverursachende Defekte möglich oder wenn die umgebende relative Luftfeuchte über eine lange Zeit wesentlich über 80 % liegt. Siehe hier Bild 5.4.3.1.

Sorptionsisothermen Baustoffe
Bild 5.4.3.1.: Es wird die Abhängigkeit der Luftfeuchtigkeit und Mauerfeuchtigkeit bei verschiedenen Baustoffen dargestellt. [90]

16)Der aw-Wert wird berechnet nach aw = RH (Luftfeuchtigkeit in %)/100
Schimmelpilze in Wohngebäuden ISBN 9783000129469 2007 und Ergänzungen 2021
- Peter Rauch PhD -

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