An der Sächsischen Bildungsakademie Bauwesen GmbH
- 14.09.2001 -
Dipl.-Ing.oec., Ing. Peter Rauch,
Leipziger Institut für Bildung und Forschung e.V.
Literaturverzeichnis | |
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Anlage 1: | Ökonomische Werte |
Anlage 2: | Steuer- und Mietertipps |
Anlage 3: | Beispiele für biologische Schäden an Gebäuden |
Künftig sind nicht nur herkömmliche Bauschäden/Nutzungseinschränkungen bei der Gebäudebewertung zu berücksichtigen, sondern zunehmend auch solche, die von Insekten, Pilzen, Algen, Bakterien und deren Bekämpfungsmittel verursacht werden.
Bei der Bewertung einer Immobilie spielen neben dem Standort und dem wirtschaftlich-strukturellen Umfeld selbstverständlich auch die Bauausführung (Qualität) und der Bauzustand eine entscheidende Rolle. Der physischen Existenz einer baulichen Anlage sind bei ordnungsgemäßer Ausführung und der entsprechenden Instandhaltung kaum Grenzen gesetzt. (Kleiber, Simon, Weyers) Durch eine unzweckmäßige Konstruktion und Baustoffauswahl treten Probleme auf, die im ersten Augenblick kaum oder nicht erkennbar sind. Dazu zählen unter anderem Belastungen im Gebäude die unter den Phänomenen Multiple Chemical Senitivity (MCS), Sick-Building-Syndrom (SBS), Chronic-Fatigue-Syndrom (C. Wolf) und Building-related-Disease bekannt sind sowie die Schädigung des Gebäudes durch Insekten und Pilze. Dies kann zur erheblichen Einschränkung der Gebäudenutzung führen, ohne dass dies gleich erkennbar ist.
Biologische Prozesse sind ein Bestandteil der natürlichen Stoffkreisläufe, die auch vor den Wohngebäuden und deren Ausstattung nicht haltmachen. Eine wichtige Aufgabe ist es daher diesen Abschnitt des Stoffkreislaufes so zu beeinflussen, dass die Gebäudeteile möglichst lange einer für den Menschen wirtschaftliche Nutzung zur Verfügung stehen.
Es treten überall dort Schäden auf, wo günstige Bedingungen vorliegen. Neben der spezifischen Nahrungsquelle ist in fast allen Fällen höhere Feuchtigkeit erforderlich. Dazu kommt ein bestimmter Temperatur- und pH-Bereich sowie weiter Faktoren, die günstig auf das Wachstum wirken. Konstruktive Fehler, falsche Materialauswahl, neue zum Teil auch organische Baustoffe, fehlende Langzeiterfahrungen neuer Baumethoden und des Nutzungsverhaltens sind die wesentlichen Ursachen für biologische Schädigungen. Gegenüber den anderen Bauschäden sind diese oft jahreszeitlich bedingt oder erst nach langer Zeit erkennbar. An wenigen Beispielen soll die Breite der gefährdeten Bauteile genannt werden.
So werden Dispersionsfarben durch Cladosporium resinae angegriffen, biogene Erosionsprozesse durch Aspergillus niger, azidophile Thiobaccillus-Arten vermögen durch ihre starke Säurebildung Betonteile, Metalle und andere säureempfindliche Materialien zu zerstören, Gummi wird durch die Gattungen Pseudomonas, Micrococcus, Bacillus, Nocardia und Micromonspora abgebaut, ebenso werden Kunststoffe durch Masse- sowie Festigkeitsverluste oder Versprödung verändert. Hier werden Weichmacher, Füllstoffe, Stabilisatoren und/oder Emulatoren biologisch abgebaut bzw. verändert. Selbst Bitumina werden durch Mikroorganismen angegriffen. Hinzu kommen zahlreiche Schimmelpilze und andere Mikroorganismen sowie Insekten, die im Zusammenhang mit dem Aufenthalt der Menschen und der Haustiere ihren Lebensraum in den Gebäuden finden. Eine der bewusst wahrgenommen Gebäudeschädlinge sind die Holz zerstörenden Pilze und Insekten sowie der Schimmelpilz von Alternaria- und Cladosporium-Arten auf feuchter Tapete.
Der Minderwert kann sich sowohl bei sanierten oder auch bereits bei neuen Gebäuden ergeben bzw. er resultiert aus der Umgebung oder auch aus dem Baugrund.
Der Wert der baulichen Anlagen ergibt sich nach folgendem Schema:
Herstellungswert der baulichen Anlage § 22 - Wertminderung wegen Alter § 23 - Wertminderung wegen Baumngeln und Bauschden § 24 - Bercksichtigung sonstiger wertbeeinflussende Umstnde § 25 = Wert der baulichen Anlage § 21(1)
1. Die Wertminderung wegen Alter kann mathematisch-statistisch festgestellt werden.
Gebäude verlieren mit zunehmendem Alter gegenüber Neubauten an Wert. Die WertV`88 lässt hier ausdrücklich offen, welche Tabellen anzusetzen sind. Priorität soll das Marktverhalten haben. Diese Wertminderung istt nicht in ersterer Linie vom Alter abhängig, sondern von der Restnutzungszeit.
2. Bei der Bewertung der Wertminderung wegen Baumängel und Bauschäden gibt es recht unterschiedliche Auffassungen.
In der WertV 88 § 24 heißt es u. a.:
"Die Wertminderung soll sich nach Erfahrungssätzen des Marktes richten oder auf der Grundlage der für die Beseitigung des Mangels oder des Schadens erforderlichen Kosten ermittelt werden. Das bedeutet, dass die Wertminderung nicht den für die Beseitigung des Mangels oder des Schadens aufzuwendenden Kosten entsprechen muss. Vielmehr soll diese nur einen Anhalt zur Bemessung der Wertminderung geben." [Kleiber/Simon/Weyer]
Brachmann vertritt:
"Der Wert eines Gebäudes wird gemindert, wenn Baumängel, die durch unsachgemäße Ausführung oder Bauschäden, die durch ungenügende Instandhaltung aufgetreten sind, festgestellt werden.
Bei Gutachten sind stets die Kosten für die Beseitigung dieser Schäden abzusetzen, da sie keine normale Wertminderung durch Alter und Abnutzung darstellen." [Brachmann]
Baumängel
entstehen bei der Herstellung des Gebäudes durch Planungsfehler oder durch unzweckmäßige oder unsachgemäß verarbeitete Baustoffe. Als Folge können zum Beispiel Schimmelpilzbildung, entstehen (Wärmebrücken, zu geringe sorptionsoffene Flächen, unzweckmäßige Lüftung usw.) Holzkonstruktionen einer höheren Feuchtebelastung ausgesetzt werden und so durch Holz zerstörende Insekten oder Pilze geschädigt bzw. zerstört werden. Hier ist der Ansatz des Wertanteils des eingebauten Bauteils oder eines Ersatzstoffes als Wertminderung nicht getan.
Bauschäden
entstehen nach der Fertigstellung des Gebäudes durch äußere Einwirkungen, wie Feuer, gewaltsame Zerstörung, durch unterlassene oder mangelhafte Instandhaltung. Die Kosten für alle Arbeiten, die zur Beseitigung eines Bauschadens erforderlich sind, sind vollständig zu ermitteln und in voller Höhe zu berücksichtigen. Es ist ein reparaturfreier Zustand zu erreichen.
3. Die Berücksichtigung sonstiger wertbeeinflussender Umstände (§ 25) beinhalten eine wirtschaftliche Überalterung, ein überdurchschnittlicher Erhaltungszustand und ein erhebliches Abweichen der tatsächlichen Nutzung. In der WertV1972 im Anstrich 3 wurde ein Zurückbleiben hinter den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse. Hier könnte man den merkantilen Minderwert mit gewissen Abstrichen zuordnen.
Auf die gesamte Problematik der Altlasten und deren Sanierung soll hier nicht eingegangen werden. Gerade in diesem Bereich können die Sanierungskosten ganz schnell über den eigentlichen Verkehrswert liegen und für den Eigentümer unter Berücksichtigung eines Vermögens unter Umständen zu einer unzumutbaren Belastung führen.
Altlasten sind nicht nur Stoffe, die sich ungünstig auf die Umwelt und Gesundheit auswirken und sich vorwiegend in Böden befinden oder als Form von Spritzasbest verbaut worden. Hierunter fallen auch Baustoffe, die zum Teil auch heute noch verbaut werden und zu einem späteren Zeitpunkt einen hohen Entsorgungsaufwand bedürfen. Zum Teil werden diese bereits heute dem Sondermüll zugeordnet. Dazu zählen neben den erwähnten asbestgebundenen Baustoffen eigentlich alle Baustoffe, die nicht im natürlichen Stoffkreislauf in ihre ursprünglichen Substanzen zerlegt werden.
Besonders sind die biologischen Baustoffe zu nennen, die durch Konservierungsstoffe, wie zum Beispiel mit Bor getränkte Zellulosedämmung oder Dämmmaterialien aus Wolle die mit Pestiziden vor Insekten geschützt werden. Das Gleiche gilt für verbaute Holzkonstruktionen aus Hölzern mit geringer Eigenresistenz, wie Fichte und Buche, die mit Holzschutzmittel geschützt werden. Hier steht ein Vergleich zu einem Gebäude, welches nicht kontaminiert ist. Besonders bei geringer Restnutzungsdauer dürfte dieser Fakt eine größere Rolle spielen und als wertbeeinflussende Größe eine Berücksichtigung finden.
Das weitere Problem ist die richtige Zuordnung. Bis vor wenigen Jahren waren entsprechend dem technischen Kenntnisstand Asbestwerkstoffe und Holzschutzmittel mit den Wirkstoffen PCP als wenig problematisch eingeordnet. Viele der heute verbauten Baustoffe können in der Zukunft eine ähnliche neue Zuordnung erhalten.
Allein die Tatsache, dass auf einem Grundstück oder bei einem Gebäude eine Sanierung stattgefunden hat oder ein neuer Baustoff eingesetzt wurden, deren Langzeitverhalten nicht bekannt ist, kann sich gerade dem ständig verschärften Umweltbewusstsein im Hinblick auf die Nutzung eines Grundstücks auf den Grundstücksmarkt auswirken.
Diese Minderung des Verkaufswertes resultiert rein aus dem Verdachtsmoment heraus. Die Sanierung kann dabei vollständig ordnungsgemäß erfolgt sein.
Vergleichsweise könnte hier die Tatsache beim Kauf von Gebrauchtfahrzeugen, die einen Unfall hatten, herangezogen werden. Diese Fahrzeuge unterliegen einer zusätzlichen Minderung oder auch physiologische Minderung.
In der Praxis unterliegen gerade Schäden, die durch den Echten Hausschwamm verursacht wurden, diesen Auswirkungen. Ohne deren besondere Problematik bei der Sanierung herabzuspielen, es ist ein Holz zerstörender Pilz wie alle anderen auch. Bei den vielen Gutachten hatte ich bisher gerade ein älteres Gebäude gefunden, wo kein Hausschwamm zu finden war. Nur bei ganz wenigen Schadensfällen hatte der Schaden eine Größe angenommen, wo auch künftig Probleme auftreten könnten. Bei einigen völligen Zerstörungen der Deckenbalken war der Hausschwamm überhaupt nicht bzw. nur untergeordnet beteiligt.
Und so kann dies mit Schimmelpilzen und Holzschutzmittel und anderen Bekämpfungs- oder Konservierungsmitteln fortgesetzt werden.
Die Minderung des Verkehrswertes wird nicht nach technischen Gesichtspunkten berechnet. Zum Teil sind die den Minderwert verursachten Umstände bereits beseitigt. Diese können nur durch Schätzungen beurteilt werden. In diesem Zusammenhang stehen nicht an erster Stelle die Kosten der Sanierung und finanzmathematische Verfahren, sondern die Einschätzung des Marktes unter Berücksichtigung eines bewertungsrechtlich bedeutsamen technisch-naturwissenschaftlichen Sachverhaltes.
Speziell bei der Beurteilung eines biologischen Schadens ist die richtige Ursachenerkennung wichtig. Das ist das eigentliche Problem, wo auch einige Bausachverständige bei ihrer fachlichen Beurteilung in ihrem Gutachten völlig daneben liegen können.
So wurde in einem Gutachten die Ursache der Schimmelpilzbildung auf unzureichendes Lüften geschoben. Fast alle Wand- und Deckenflächen waren mit Kunststoffplatten (Styropor) beklebt. In den Fugen zu der Putzoberfläche konnte sich Schimmelpilz ablagern. In einem andere, Fall wurde in dem Gutachten die Wandoberflächentemperatur zum Treppenhaus mit 12 bis 13ºC bei einer Raumtemperatur von 20ºC und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 45% festgestellt. Nach seiner Auffassung wurde nach der DIN 4108 der (U)k-Wert der Innenwand eingehalten. Die Ursache müsste am falschen Lüften liegen und auch an einer Innenwand sollten die Schränke 7 cm von der Wand weg stehen.
Bei den beiden Fällen lagen konstruktiv bedingte Fehler nach der Sanierung vor, die mit relativ geringen Mitteln behoben werden können.
Anders sieht es bei Schäden aus, die sich erst nach einem sehr langen Zeitraum auf die Gesundheit auswirken, wie zum Beispiel Formaldehyd und Biozide.
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