"Als Weg der bakteriellen Korrosion kommen 3 Wege in Betracht. Die Kinetik von Elektroden-Reaktionen wird nach einer Theorie des Korrosionsmechanismus der Sulfatreduzierer unmittelbar durch Lebensprozesse der Bakterien beeinflusst; oder die Bakterien, beispielsweise Kohlenhydratabbauer, produzieren korrosive Substanzen wie anorganische und organische Säuren; oder Bakterien können an der Bildung von Elementen beteiligt sein, die durch unterschiedlich belüftete Bereiche zustande kommen. ... Lochfraßerscheinungen, d.h. Korrosion von Stahl an Schiffsrümpfen und Hafenbauten haben besonders an Stellen ohne Sauerstoffzutritt, wie z. B. unter Bewuchs, zu der Vermutung eines Einflusses anerober Bakterien auf die Eisenkorrosion geführt. Versuche mit an dieser Stelle gefundenen sulfatreduzierenden Bakterien Desulfovibrio desulfuricans ergaben im Labor einen langsamen Eisenangriff." [/12/,13,12]
In einer anderen Literaturquelle [/5/,180] wird die anerobe Korrosion wie folgt erläutert:
"Eine anaerobe Korrosion wird häufig durch Sulfatreduzierer - vor allem Desulfovibrio desulfuricans - bewirkt. Der von diesen erzeugte Schwefelwasserstoff kann direkt mit Eisen reagieren. Es entstehen Korrosionszellen zwischen Eisensulfid und metallischem Eisen. Reduzierende Zonen von metallischem Eisen wirken anodisch gegenüber anderen Bereichen, die sich in Kontakt mit sauerstoffhaltigem Wasser befinden, so dass es zur Lösung des Eisens kommt." [/5/,180]
Der Bewuchs (sog. Fouling) kann für die erforderliche Herabsetzung des Redoxpotentials sorgen, in dem er eine dichte Schleimschicht auf der im Wasser befindlichen Oberfläche des Bauteils bildet.
"Durch den Abbau von Eiweißstoffen werden Ammoniak und H2S freigesetzt und es kommt zu einer starken Sauerstoffzehrung, so dass die Voraussetzung für eine Desulfurikation günstig sind. Die heterotrope Aufwuchsflora bewirkt aber auch direkt durch die Abgabe von CO2 und zum Teil auch von H2 eine starke Korrosion. Sie kann die von den Sulfatreduzierern verursachte noch erheblich übertreffen (Frenzel 1966). Neben Eisen korrodieren auf diese Weise auch andere Metalle, vor allem Aluminium." [/5/,181]
Die Bakterienkultur Sorovibrio desulfuricans, die im Erdboden mit wenig gelöstem Sauerstoff vorkommen kann, kann im pH-Bereich 5,5 bis 8,5 eine abnorm hohe Korrosionsgeschwindigkeit bewirken.
"Sulfat reduzierende Bakterien reduzieren in Gegenwart von Wasserstoff oder organischen Stoffen sehr leicht anorganische Sulfate zu Sulfiden. Diesen Prozess begünstigt die Gegenwart einer Eisenoberfläche. Die Reduktion beschleunigende Wirkung des Eisens beruht wahrscheinlich darauf, dass das Eisen den Wasserstoff abgibt, der normalerweise an der Metalloberfläche adsorbiert ist, und der die Bakterien bei der Reduktion des Sulfats unterstützt. Für jedes verbrauchtes Äquivalent Wasserstoffatome geht ein Äquivalent Eisen-(II)-Ionen in Lösung und bildet Rost und FeS. Daher wirken die Bakterien wahrscheinlich hauptsächlich als Depolarisatoren. Die Reaktionsfolge kann folgendermaßen formuliert werden:
Anode: | 4 Fe ---> 4 Fe2+ + 8e |
Kathode: | 8 H2O 8 H (an Fe adsorb.) + 8 OH1- - 8e |
8 H(ad.) + Na2SO4 Bakterien-> 4 H2O + Na2S | |
Na2S + 2 H2CO3 ---> 2 NaHCO3 + H2S |
Gesamtreaktion:
4 Fe + 2 H2O + Na2SO4 + 2 H2CO3 ---> 3 Fe(OH)2 + FeS + 2 NaHCO3
Wie man daraus erkennt, werden Eisenhydroxid und Eisensulfid im Molverhältnis 3:1 gebildet. ... Die Analyse eines Rostes, der durch die aktive Mitwirkung der Sulfate reduzierenden Bakterien entstanden ist, zeigt annähernd das gleiche Verhältnis von Oxid und Sulfid." [/3/,99]
Die Aktivität der Bakterien kann durch Belüftung des Wassers gehemmt werden, da sie in Gegenwart von gelöstem Sauerstoff nicht lebensfähig sind. Weiterhin kann unter anderem durch anorganische Selenate die Ausbreitung dieser Bakterien gehemmt werden.
Selbst an Kunststoffen, Kautschuk, Anstrichstoffen und Bitumina wurden Korrosionserscheinungen festgestellt. Lindner [/6/,270] beschreibt folgendes:
"Stockflecken am Gummi sind keine Seltenheit. An der Gummizerstörung beteiligen sich, falls etwas Feuchtigkeit vorhanden ist, vermutlich Mykobakterien, Aktinomyzeten und Schimmelpilze. Bestimmte Schwefelbakterien wandeln den im Gummi enthaltenen Schwefel in Schwefelsäure um."
Nach Zobell und Beckwith wird das Gummi hauptsächlich durch Angehörige der Gattung Pseudomonase, Micrococcus, Bacillus, Nocardia und Micromonspora abgebaut. Dabei unterliegen einige Sorten des synthetischen Gummis rascher der bakteriellen Zerstörung als natürlicher Gummi. /11/
Überall können korrosive Schäden durch Mikroorganismen festgestellt werden, vor allem auch an Bitumina und Anstrichstoffen. Dies dürfte von Bedeutung sein, da diese Materialien unter anderem als Schutzschicht auf Beton, z.B. beim Säureschutz, Anwendung finden.
"Über das Verhalten von Kunststoffen und Kautschuk gegenüber Mikroorganismen sind auf Grund zahlreicher praktischer Erfahrungen und Laboruntersuchungen einige allgemeine Feststellungen möglich." [/12/,6]
Rein synthetische Polymere wie PVC, Polyäthylen, Polystyrol und andere sind widerstandsfähig gegen Mikroorganismen. Dahingegen werden bestimmte Polyamide, Polyester und Polyurethane sowie Natur- und Synthesekautschuk in begrenztem Maße angegriffen.
"Die wichtigsten Eigenschaftsveränderungen von Kunststoffen und Kautschuken unter Einwirkung von Mikroorganismen auf das Polymer oder darin enthaltene Zusatzstoffe sind Masse- und Festigkeitsverluste oder Versprödung.& quot; [/12/,8]
Es können aber auch noch andere Schadensmöglichkeiten auftreten.
"Zusätzlich zu reinen synthetischen Polymeren und Kautschuk wie Weichmacher, Füllstoffe, Stabilisatoren, Emulgatoren können anfällig sein." [/12/,7] So wird angenommen, dass die Ester-Weichmacher durch Enzyme zu kurzkettigen Säuren und Alkoholen abgebaut und diese als C-Quelle von den Mikroorganismen verwendet werden. "Bitumina als Straßenbeläge und zu Dichtungsmassen können von Mikroorganismen besiedelt und chemisch angegriffen werden. In feuchter Umgebung, besonders wenn es sich um Abwasserleitungen mit reicher Bakterienflora handelt, entstehen Schäden durch Bakterien. Auch einzelne Schimmelpilzarten verwerten Bitumina."[/12/,9]
Da diese Stoffe als Dichtungsmassen verwendet werden, kommt ihrem technischen Schutz, unter gefährdeten Bedingungen, besondere Bedeutung zu.
In den vorangegangenen Abschnitten wurde der pH-Wert unter verschiedenen Gesichtspunkten angesprochen. Eine kleine Übersicht soll das folgende Bild darstellen:
Im Allgemeinen kann aus der Übersicht entnommen werden, daß ein poröser Beton anfälliger gegenüber Bakterien ist als ein dichter. Die Bakterien haben einen recht großen pH-"Lebensraum", wo unter anderem die schwefelabbauenden Kulturen wiederum die Lebensmöglichkeit für andere Bakterienstämme geben können. Unter bestimmten Gesichtspunkten konnte bei einer Besiedlung des Betons mit Kulturen, deren pH-"Lebensraum" bei etwa 4 liegt, durch einen pH-"Schock" deren Wachstum gestört bzw. abgetötet werden.
Eine weitere Möglichkeit wäre die Schaffung einer Pufferzone bei pH 12,6, um somit den Beton gegenüber Säuren und Mikroorganismen resistenter zu machen.
Eine vom pH-Wert unabhängige Möglichkeit wäre der sinnvolle und gezielte Einsatz von Bakteriophagen. Die Anwendung der Viren ist nur bedingt möglich, könnte aber sehr wirkungsvoll sein. Die Bakterienviren können nur ihre speziellen Wirtsbakterien infizieren und zerstören. Diese Variante würde einen einfachen und relativ langen Korrosionsschutz bewirken, da die Vieren sehr widerstandsfähig sind und somit eine Ansiedlung der korrosionsschädigenden Bakterienkulturen sehr ungünstig ist.
Der Beton ist ein Zweiphasenwerkstoff, der vorwiegend im Bauwesen aber z.B. auch im Schiffbau Anwendung findet. In der Zukunft wird der Beton in vielen Bereichen des täglichen Lebens Verwendung finden. Durch die verschiedenartige Kombination der Zuschlagstoffe und der Zementsorten können sehr feste aber auch sehr weiche Betone hergestellt werden. Auf dem Gebiet der Anwendung und der Fertigungsverfahren sind bisher nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Für unsere Republik dürfte dies von großer Bedeutung sein, da alle Bestandteile des Betons durch eigene Rohstoffaufkommen gedeckt werden können. Damit besteht eine Möglichkeit bisherige andere Werkstoffe, die durch Importe bezogen wurden, abzulösen bzw. diese einzusparen.
Der Beton ist aber ein Werkstoff der auch, wie viele andere, durch die Korrosion angegriffen wird, seine Funktion durch Festigkeitsverluste und anderes einbüßen kann. In Pkt. 3.3. wurden einige korrosive chemische Verbindungen aufgeführt. Dabei spielt das SO2 die aggressivste Rolle. Die Korrosion des Betons ist eine chemische Reaktion bei der die energiereicheren zu energieärmeren Verbindungen umgewandelt werden.
Nicht so einfach kann die Korrosion des Betons durch Mikroorganismen erläutert werden, da es doch eine Reihe von wesentlichen Unterschieden gibt. Hier werden ebenfalls die chemischen Verbindungen zu Energiegewinnung genutzt, die für die Stoffwechselprozesse der Mikroorganismen unerlässlich sind. Diese Reaktion verlaufen jedoch unter anderen Bedingungen, zum Teil über Zwischenstufen entsprechend der Stoffkreisläufe (z.B. von Schwefel, Stickstoff, ...). Hier können ganz unterschiedliche Reaktionen wie z.B. Denitrifikation oder Nitratammonifikation stattfinden, die vom jeweiligen Milieu, in dem die Mikrobe lebt, abhängt. Es werden bestimmte Lebensbedingungen wie ein bestimmter pH-Bereich, Temperatur, ein aerober oder anaerobes Milieu u.a. benötigt, um ein optimales Wachstum zu erreichen.
Aus den kurz erläuterten Tatsachen geht hervor, dass Mikroorganismen nicht überall ernsthaft korrosiv wirksam werden können. Treten sie aber an bestimmten Orten auf, an denen sie günstige Bedingungen vorfinden, so können sie zur ernsten Gefahr für den Beton und andere Werkstoffe werden. Hier ist jedoch zu beachten, das geht auch aus den vorangegangenen Abschnitten hervor, das nicht eine Mikrobe irgend etwas mikrobiologisch abbaut, sondern bestimmte chemische Verbindungen bevorzugt. Ein wesentlicher Fakt ist noch zu erwähnen, dass bestimmte Kulturen durch ihre Anwesenheit den pH-Wert verändern oder durch Abbaurückstände andere Arten verwendbare Substanzen zur Verfügung stellen, die dann die biochemische Zersetzung weiter fortführen.
Gerade diese Tatsache ist von großer Bedeutung für den Korrosionsschutz des Betons. Viele Schutzschichten, die im Säureschutzbau Anwendung finden, die einen wirksamen Schutz vor Sulfat, Phosphat, Aminoverbindungen aufweisen, können durch Mikroorganismen angegriffen und zerstört werden. Das trifft für Bitumina, Gummi, Kunst- und Anstichstoffe und vieles mehr zu.
Mikroorganismen werden meist in der Vereinigung mit chemischen Verbindungen auftreten, was in den Betrieben der mikrobiologischen Industrie zwangsläufig alltäglich ist. Hier reichen die üblichen Betonschutzmaßnahmen nicht aus, da sie zwar einen wirksamen Schutz vor Säuren und anderen korrosiven chemischen Verbindungen bieten, aber durch Mikroorganismen zersetzt werden können. Danach ist die Schutzwirkung verloren und die Korrosion des Betons kann durch die aggressiven chemischen Verbindungen und die Mikroorganismen erfolgen.
[1] Schönburg,K, Stahr,M.; Korrosionsschutz und Säureschutzarbeiten, VEB
Verlag für Bauwesen Berlin 1978
[2] Donndorf, R.; Werkstoffeinsatz und Korrosionsschutz in der chemischen
Industrie, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie Leipzig 1980
[3] Uhlig, Herbert H.; Korrosion und Korrosionsschutz, Akademieverlag Berlin
1975
[4] Kutzelnigg,A.; Werkstoff und Korrosion, 1957
[5] Rheinheimer, Gerhard; Mikrobiologie der Gewässer, VEB Gustav-Fischer-
Veralg Jena 1975
[6] Lindner, Kurt E.; Milliarden Mikroben, Urania Verlag Leipzig-Jena-Berlin
1978
[7] Atmosphärische Korrosion, Vorträge des IV. Korrosionsschutz-Symposium
der Zentralstelle für Korrosionsschutz am 17.4.1973 in Dresden
[8] Meller, H., Alley, J., Sherick,J.; zitiert in Gundburg,L. und Jacobs, M.;
Ind.Emg. Chem., 48(1956), 1517
[9] VEB Chemiekombinat Bitterfeld, Prüfbericht 6.000/68-2 Auswertung von
Freibewitterungsversuchen
[10] Kaesche, H.; Arch. für das Eisenhüttenwesen, 36(1965)12, S. 911-922
[11] Zobell und Beckwith, J.-D.; (1944): Te deterioration of subberproducts by
Microorganisms, J. Amer. Walter Assoc. 33, 439-453
[12] Tiepner, K.; Literaturzusammenstelleung: Korrosion von Werkstoffen
durch Mikroorganismen, AdW Institut für technische Chemie Leipzig 1979
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