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Diskussionsbeitrag von Peter Rauch zur Studie zum Vorkommen, Ursachen und gesundheitliche Aspekte von Feuchteschäden in Wohnungen

Von S. Brasche und W. Bischof - Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena, E. Heinz - Technische Universität Berlin, W. Richter - Technische Universität Dresden

In Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2003 - 46;683-693
Studie konnte über www.med.uni-jena.de/ark/pdfs/Brasche_Wohnungen.pdf bezogen werden.

Diese Studie wurde durch das Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Arbeitsgruppe Raumklimatologie Erfurt am Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit dem Ziel erstellt, einen repräsentativen Überblick über die Situation in deutschen Wohnungen hinsichtlich Feuchteschäden und insbesondere Schimmelpilzbefall zu schaffen sowie deren Ursachen und Entstehungen zu analysieren. In diesem Zusammenhang wurden von 12.132 Bewohner Angaben zu Allergie- und Asthmaprävalenz erfasst. Es wurden zufällig 5.530 Wohnungen begutachtet und deren Nutzer mittels eines standardisierten Erhebungsbogens befragt. In 1213 (21,9 %) Wohnungen wurden sichtbare Feuchteschäden und davon in 513 (9,3 %) Schimmelpilzschäden festgestellt.

Mit der Studie konnte der Zusammenhang zwischen den Schadensmerkmalen und der Prävalenz selbst berichteter allergischer und respiratorischer Erkrankung nachgewiesen werden. Durch die Erkenntnis wesentlicher Ursachen von Feuchte- und Schimmelpilzschäden in Wohnungen ist es möglich, gezielt Präventationsstrategien hinsichtlich Asthma bronchiale und allergische Erkrankungen zu entwickeln.


Die in den statistischen Auswertungen gewonnenen Daten stützen die o. g. Zielstellung. Sie geben jedoch keine verbindliche Aussage zur Ursache am jeweiligen untersuchten Objekt und können so nicht ohne kritische Hinterfragung als Argumentation auf einen anderen Schadensfall übertragen werden. Jeder Schadensfall ist selbstständig zu bewerten und kann nicht pauschalisiert werden, wie es sehr oft von Hausverwaltungen und Eigentümer abgetan wird. Dem gegenüber steht das jeweilige Nutzungsverhalten der Mieter. Mit den nachfolgenden Kriterien wird diese Aussage begründet.


Aussage zum sozialökonomischen Aspekt:
Der höhere Anteil der Feuchteschäden und damit auch eine höhere Schimmelpilzschädigung bei Wohnungen, die durch sozial schwächere Bewohner genutzt werden, ist eine Tatsache.

Aussage zur Luftfeuchtigkeit:
Die wesentlichen Wachstumsvoraussetzungen sind die Temperatur, die relative Feuchte und das Substrat, welche über eine bestimmte Zeitperiode vorliegen muss. Auch bei einer hohen relativen Luftfeuchte von 90 bis 95 % muss nicht unbedingt sofort eine Schimmelpilzbildung entstehen, wenn zum Beispiel die Temperatur niedrig ist. Im Winter haben wir nicht durchgängig eine gleiche Außentemperatur. Über mehrere Tage (ca. 10-14 Tage) liegt eine sehr niedrige Außentemperatur vor, dann wechselt das Wetter und es wird wieder wärmer. Bei dieser weniger warmen Außentemperatur sinkt die Oberflächentemperatur an der Innenwandoberfläche. Damit erhöht sich auch die relative Luftfeuchte unmittelbar an der Oberfläche. Obwohl eine hohe Feuchtigkeit vorliegt, ist die Sporenauskeimungszeit unter der gegebenen Oberflächentemperatur so lange, dass kaum eine Sporenbildung erfolgt. Hingegen kann bei einer wesentlich höheren Oberflächentemperatur, zum Beispiel 15 bis 18 ºC, und bei niedrigerer relativer Luftfeuchte von 75 bis 80 % am gleichen Wandbaustoff bereits nach wenigen Tagen eine Schimmelpilzbildung erfolgen. Dies kann mit dem Berechnungstool simuliert werden. Dieser Zusammenhang wird im Isoplethensystem für Sporenauskeimung der Schimmelpilze dargestellt. Die LIM-Kurve stellt dabei die temperaturabhängig tiefste relative Feuchte dar, bei der eine Sporenauskeimung erfolgen kann. Werden diese Werte unterschritten, so ist unter normalen Bedingungen nicht mit einer Schimmelpilzbildung an der Wandoberfläche zu rechnen. Neben den bereits o. g. Wachstumsfaktoren beeinflussen noch andere mehr oder weniger die Schimmelpilzentstehung. Nur unter Einschluss aller Wachstumsfaktoren sollte eine Bewertung erfolgen. Dies wird im Unterpunkt Diskussion in der Studie noch einmal hervorgehoben.

Aussage zu Fenster mit umlaufenden Dichtprofilen:
Nach der Auswertung liegen bei diesen Fenstern weniger Feuchte- und Schimmelpilzschäden vor. Es wurden Schäden bei 219 Wohnungen mit Dichtprofil und 294 ohne Profil festgestellt. Bei der Bewertung geht nicht hervor, wie der Zustand der Wohnungen (Altbau) vor dem Einbau der neuen Fenster war. Der Anteil der untersuchten Wohnung zwischen den Baujahren 1919 bis 1948 liegt bei 14,5 % und 1949 bis 1978 bei 47,9 %. Es wurden über 60 % der Gebäude bewertet, die in einer Zeit erbaut wurden, wo aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Wärmedämmung/Wärmespeicherung nicht vorwiegend an erster Stelle stand. Es ist anzunehmen, dass ein großer Anteil der festgestellten Schäden dieser Bausubstanz zu zuordnen ist. Bei einer Sanierung dieser Gebäude, Einbau neuer Fenster mit Dichtprofil ist vorwiegend auch eine Sanierung der Fassade (mit Wärmedämmung) erfolgt. Die Oberflächentemperatur des wärmetechnisch ungünstigen Mauerwerkes wird erhöht und ist so weniger durch sichtbaren Schimmelpilz befallen. Fenster ohne Dichtprofil kommen mehr bei unsanierten Gebäuden vor. Hier dürfte auch der Anteil der Feuchteschäden durch aufsteigende Feuchte beziehungsweise Mauersalze, Durchfeuchtungen des Außenmauerwerkes (verbrauchter Putz, mangelhafte Regenentwässerung usw.) und Leitungsschäden prozentual größer sein. Ebenso entscheidend ist die Wohnungsheizung. zum Beispiel werden bei einer ungünstig angeordneten Konvektionsheizung nicht alle Wandflächen gleichmäßig erwärmt, was mit dem vorhergehenden Heizungssystem der Fall war. Diese Feststellung der Schadenshäufigkeit bei Fenster mit oder ohne Dichtprofil ist nicht aussagefähig. Sie muss der jeweiligen Gebäudeart, dem Zustand sowie der heizungstechnischen Ausstattung zugeordnet werden. zum Beispiel Mehrfamilienhaus 1919-1948 ohne Wärmedämmung, Fenster mit oder ohne Dichtprofil.

Selbstaufnahme:
Die Datenaufnahme ist auch bei einem guten Bewertungsschema bedingt subjektiv. Viele Feuchteschäden und Schimmelpilzflecken werden durch den Bewohner selbst nicht wahrgenommen. Dies konnte ich bei mehreren Untersuchungen feststellen. Ebenso reagieren die Bewohner sehr unterschiedlich. Für einige werden bereits bedenkliche Schäden nicht oder kaum wahrgenommen, wohingegen andere auf wenige Quadratzentimeter große Schimmelflecken bereits mit großer Sorge reagieren.
Ein lokaler Schimmelpilzbefall an einer kritischen Außenwandecke bedeutet nicht gleichzeitig eine hohe Luftfeuchtigkeit und eine ungenügende Lüftung. Bereits bei einer relativen Luftfeuchte von 50 % können diese Schäden festgestellt werden. Die durchschnittliche Sporenkonzentration in der Raumluft kann so durchaus in einem niedrigen Niveau liegen und zu keine gesundheitlichen Gefährdung der Bewohner führen. Hingegen sind bei einer relativen Luftfeuchte von 70 % nicht gleichzeitig Schimmel- oder Feuchteflecken erkennbar. Die Konzentration der Pilzsporen kann aber im Durchschnitt eine bedenkliche Höhe erreicht haben. Hierbei möchte ich nur auf zwei untersuchte Fälle hinweisen, wo bei dem Bewohner nach medizinischer Untersuchung eine hohe Pilzkonzentration in den Lungen festgestellt wurde, aber in den Räumen keine sichtbaren Schimmelschäden vorlagen. Auch die relative Luftfeuchte lag jahreszeitlich bedingt in einem normalen Bereich, also keine übermäßige Luftfeuchte.
Es soll auch noch einmal darauf hingewiesen werden, dass verschiedene Kombinationswirkungen von Alltaggiften in ihrer Wirkung auf das Nerven- und Immunsystem sich verstärken oder auch abschwächen können. Die zum Teil auch geringe Belastung kann sich auf verschiedene Standorte verteilen und in der Summe zum Tragen kommen.

Bei der Selbstaufnahme wird der Wohnraum aber nicht der gesamte Aufenthaltsort des Bewohners erfasst. Hier soll nur die Käsewäscher-Krankheit, Paprikaspalter-Lunge und die Farmerlunge genannt werden, die Erkrankung hat nichts mit dem Wohnraum zu tun.
Diese Wechselwirkungen können in einer umfangreichen Bestandsaufnahme nicht erfasst und entsprechend berücksichtigt werden. Diese Einschränkungen sind zu nennen.
Im Verdachtsmoment könnten die entsprechenden Untersuchungen und speziellen Bewertungen vorgenommen und deren Ergebnisse separat ausgewiesen werden.

Peter Rauch
Ingenieurbüro Peter Rauch
(Bucksdorffstr. 28, 04159 Leipzig), den 29.06.2004


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