Frage:Es geht um einen aktuellen Rechtsstreit zu Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden in einem Gebäude.
Da ich auf die zu klärenden Fragen auch in Ihren hervorragenden Veröffentlichungen zum Thema (insbesonders Schimmelpilze in Wohngebäuden) keine Aussage finde, erlauben Sie bitte, dass ich mich auf diesem Weg direkt an sie wende.
Ich hoffe natürlich darauf, dass Sie mir Hinweise geben können, die eine klare Beurteilung ermöglichen.
Doch zunächst in Stichworten die Ausgangslage:
Gebäude ursprünglich 1950 als Stall errichtet, 1958 / 59 durch Aufstockung zum Wohnhaus erweitert.
Keller an drei Seiten (Osten, Süden, Westen) fast in Gesamthöhe von Erdreich umgeben. Nordseite frei zum Innenhof. Wände aus Ziegelmauerwerk im Normalformat.
Offensichtlich aufgrund schadhafter oder fehlender Horizontal- und Vertikalabdichtung sowie Drainage, Durchfeuchtung der gesamten Kelleraussenwände und der Erdgeschossaussenwände bis ca. 60 cm über Fußboden.
Wirkung der Feuchtigkeit durch Verkleidung der Kelleraussenwände auf der Raumseite mit Noppenfolie durch einen Vorbesitzer in den 90er Jahren. Von einem Folgebesitzer später zusätzlich diese Wandflächen mit Profilbretter verkleidet.
Resultat: Feuchtigkeit wird nicht mehr von der Kellerluft aufgenommen und durch Lüften abtransportiert, sondern verbleibt im Mauerwerk, steigt durch Kapillarwirkung nach oben und tritt dort wieder zum Vorschein. Leerstand des Gebäudes von 2002 bis 2004 (nur sporadisch beheizt und gelüftet).
Verkauf des Gebäudes 2003.
Hauskäufer stellt bei Renovierungsarbeiten folgende Schäden fest:
1) Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden an den Außenwänden bis zu einer Höhe von 30 cm über EG-FFB nach entfernen der Tapeten.
2) Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden in den Eck- und angrenzenden Bereichen des Holzdielenfußbodens nach entfernen der Kunststoff-Bodenbelags-Auslegware und der Sockelleiste.
Rechtsstreit, Käufer will Kauf rückgängig machen, Vorwurf an Verkäufer: Verschweigung der Mängel.
Entscheidung des Rechtsstreites abhängig von Beantwortung folgender Fragen:
I) Müssen die beschriebenen Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden, soweit diese zum jetzigen Zeitpunkt feststellbar sind, bereits zum Auszugszeitpunkt des Hausverkäufers im Jahr 2002 vorgelegen haben oder sind diese erst nachträglich durch das Leerstehen des nur eingeschränkten beheizten und gelüfteten Hauses entstanden?
II) Hätten bereits im Herbst 2002 Schimmel- und/oder Feuchtigkeitsschäden erkennbar sein müssen
IIa) Auch ohne entfernen der Bodenbeläge, Sockelleisten, Tapeten und Wandputz?
IIb) Oder spätestens beim Tapezieren?
III) Wie lange dauert es in einem bewohnten und normal beheizten und belüfteten Haus, mit den beschriebenen Abdichtungsmängeln, bis Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden auftreten?
IV) Wie lange dauert es in einem unbewohnten und nur eingeschränkt belüfteten und beheizten Haus, mit den beschriebenen Abdichtungsmängeln, bis Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden auftreten.
Sollten Ihnen Untersuchungen oder weiterführende Literatur, hinsichtlich der Zeitdauer, vom Feuchtigkeitseintrag in ein Gebäude bis zur Entstehung von Schimmel bekannt sein, bitte ich um entsprechende Hinweise.
Ich bedanke mich bereits heute sehr herzlich für Ihre Mühe und freue mich auf Ihre baldige Rückantwort.
Antwort: Eine genaue Aussage ist nicht möglich, da ich den Sachverhalt nicht am Ort einschätzen kann. Auf der Grundlage Ihrer Schilderungen lassen sich doch einige Schlussfolgerungen ziehen.
Ich halte es bei der Sachlage um keinen verdeckten Mangel.
Dem Käufer waren das Alter, der Leerstand und die Innenverkleidung im Keller bekannt. Wenn ein Haus gekauft wird, dann sollte man einen mit Sachverstand Kundigen hinzuziehen und sich beraten lassen. (Das kann auch ein Facharbeiter sein, der mit Altbausanierung zu tun hat. Es muss kein Sachverständiger sein.)
Es gibt ein Urteil vom OL Düsseldorf AZ 14U11/01, wo festgestellt wird, dass Feuchtigkeit im Kellerraum im alten Haus kein Mangel ist (In diesem Urteil wurde sich auf ein Gebäude von 1900 bezogen.) Hier würde ich aber gar nicht so weit abweichen.
Die Lösung des Problems sieht wie folgt aus. Dielung im EG raus, Sperrfolie, Estrich und Fußbodenheizung. In 2 Jahren ist im EG alles trocken. Wenn keine Fußbodenheizung eingebaut wird, dann wird eine Randleistenheizung angebracht.
Nach 50 -60 Jahren sind die Sperrschichten verbraucht. Also sollte das Außenmauerwerk aufgeschachtet werden, schön austrocknen und dann Ausgleichputz (wenn erforderlich) sowie Dickschichtbeschichtung darauf. Der Keller muss über mehrere Jahre schön gelüftet und getrocknet werden. Das Mauerwerk ist wegen der Innensperre vollständig durchfeuchtet (Kernfeuchte). Steht alles im Beitrag unter Mauerfeuchtigkeit .
Kurz noch zu den Einzelpunkten Ihrer umfangreichen Fragestellung.
II) Hätten bereits im Herbst 2002 Schimmel-und/oder Feuchtigkeitsschäden erkennbar sein Der bzw. das war schon da.
IIa) Auch ohne entfernen der Bodenbeläge, Sockelleisten, Tapeten und Wandputz? Ja
III) Wie lange dauert es in einem bewohnten und normal beheizten und belüfteten Haus, mit den beschriebenen Abdichtungsmängeln, bis Schimmel-und Feuchtigkeitsschäden auftreten? Das hängt von der Bauart und den Umständen ab. In der Regel können sofort erkennbare Schäden auftreten. (Wie bereits o. g. liegt kein Abdichtungsmangel vor. Die Standzeit einer Horizontal- und Vertikaldichtung liegt zwischen 50 bis 60 Jahre. Eine Erneuerung ist dann erforderlich. Die Innenabdichtung ist natürlich falsch und hat zusätzlich zur erheblichen Durchfeuchtung geführt, da die Abtrocknung nach innen nicht erfolgen konnte. Es kommt zu einer "Kerndurchfeuchtung". Das war aber für den Käufer sichtbar und kann nicht als verdeckter Mangel gewertet werden.
IV) Wie lange dauert es in einem unbewohnten und nur eingeschränkt belüfteten und beheizten Haus, mit den beschriebenen Abdichtungsmängeln, bis Schimmel-und Feuchtigkeitsschäden auftreten.
Sollten Ihnen Untersuchungen oder weiterführende Literatur, hinsichtlich der Zeitdauer, vom Feuchtigkeitseintrag in ein Gebäude bis zur Entstehung von Schimmel bekannt sein, bitte ich um entsprechende Hinweise.
Eine großflächige Schimmelpilzentstehung an einer normalen trocknen Innenwand kann innerhalb von 2 Tagen entstehen. (Wir hatten eine Wohnung instand gesetzt und stellenweise zum Ausgleich Malerspachtel aufgetragen. Dabei war das Fenster offen. Nicht beachtet wurde, dass die Außenluft bei 25-30 ºC und eine hohe Luftfeuchte (Gewitterluft) vorlag. Durch den Eigentümer wurden nach uns am Freitagabend die Fenster (Oberlichter) geschlossen. Am Montag waren im gesamten Raum alle Wände grün (Schimmel). Eine Zeitdauer, wann eine Schimmelpilzbildung entsteht, sollte man aus dem genannten Fall (Beispiel) nicht treffen, da man die ganzen Rahmenbedingungen nicht kennt. Man begibt sich nur auf das Glatteis und kann in die Haftungsfalle tappen.
Antwort von
Peter Rauch Ph.D.
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