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INGENIEURBÜRO Peter Rauch Ph.D., Bucksdorffstr. 28, 04159 Leipzig
Bauratgeber oder Ingenieurbüro

Dämmen wir die Häuser oder die Dämmung?


(Dieser Beitrag wurde der bauzeitung im Januar 2001 zur Veröffentlichung übergeben und in 7/8 2001 auf der Seite 59 veröffentlicht.)

Die Diskussion zur Energieeinsparverordnung ENEV 2000 ist sicherlich einer der interessantesten gegenwärtigen Fachthemen. Kritiker und Befürworter aus der Industrie, von Planungsbüros, aus der Wissenschaft und Politik sowie von Verbänden versuchen ihre zum Teil recht unterschiedliche Auffassung öffentlich darzustellen und zu begründen. Wie soll hier der Bauherr, den das eigentlich betrifft, noch durchsehen? Beim Neubau ist dies sicherlich anders zu bewerten, da man in der Planungsphase die entsprechenden Maßnahmen konstruktiv berücksichtigen kann und dies sich in den Gesamtbaukosten nur gering auswirkt. Anders sieht es beim Altbaubestand aus. In diesem kurzen Beitrag werden auszugsweise verschiedene Aussagen zusammengefasst und gegenübergestellt.
Eine einseitige Orientierung allein auf die Dämmung verursacht in unseren Breiten unbehagliche Wohnbedingungen, die nur mit hohem technischen Aufwand gemildert werden können. [5] Von den 8 relevanten Energieeinspargrößen [1] wird sich besonders auf die Wärmeleitung konzentriert. In der Praxis heißt das, je besser die Wärmedämmung (Dicke) ist, so weniger Wärme wandert durch die Außenwände nach außen. Ein sehr interessanter Aspekt für die zu erwartenden hohen Umsatzerträge an Polystyrol und andere Dämmstoffe. Dies wird noch mit der Argumentation der Schaffung von 400 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen untermauert, wenn die Altbausubstanz eingepackt wird. Diese Mehrinvestitionen von ca. 15 Milliarden DM jährlich dürfen oder sollen ausschließlich die Wohnungseigentümer auf den Tisch legen. [2] Die durch Herrn Dr.-Ing. Freytag dargestellter Wirtschaftlichkeitsberechnung für die nachträgliche Wärmedämmung konnte keine prinzipielle Wirtschaftlichkeit unterstellt werden. [3] Alle anderen Versuche einer wirtschaftlichen Darstellung können nur sehr schlecht nachvollzogen werden. Betz, Kreißig und Schöch verweisen in ihrer Zusammenfassung zur Öko-Bilanz auf einen sinnvollen Einsatz von Wärmedämmverbundsysteme im Altbau als auch im Neubau hin. Bereits binnen weniger als 2 Jahren kann die durch die Produktion des WDVS verbrauchte Energie eingespart werden.[4] Dem gegenüber vertritt Herr Prof. C. Meier im Praxisratgeber Altbau und Wärmeschutz, dass die errechneten Energieeinsparungen der Dämmstoffbauweise praktisch weit verfehlt, zu hochgradig unwirtschaftliche Konstruktionen führt und daneben die Gesundheit gefährdet wird. [5] Ebenso wird durch Herrn K. Fischer dargestellt, dass die genannten Energieeinsparungen durch Dämmstoffpakete auf Altbauten nur auf dem Papier existieren. Vielmehr kommt es auf die Speicherfähigkeit von Massivbauweisen an, wo sinnvoll Energie gespart werden kann. [6] Mit zufriedenen Aussagen kann die Ziegelindustrie aufwarten, die mit den sägemehlporosierten Ziegeln die verschärften Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz genügen.[9] Die Arbeitsgemeinschaft Mauerziegel e.V., Bonn, beauftragte das Frauenhofer Institut für Bauphysik mit einem Forschungsvorhaben, welches neue richtungsweisende Ergebnisse für die massive Bauweise mit Ziegel brachten. Es wurde "deutlich gemacht, dass Energiebilanzen nicht allein an Dämmmaßnahmen und (k) u-Werten künftiger Wände festzumachen sind. Die Aufklärung der Bewohner in Bezug auf ein Verhalten sowie ihre Akzeptanz und Nutzung der haustechnischen Ausstattung darf auf keinen Fall außer acht gelassen werden." [10] Untersuchungen des GEWOS-Institutes Hamburg haben festgestellt, dass bei gleichen Außenwandflächen und k-Werten der Jahresbrennstoffverbrauch bei monolithischen Wänden niedriger ist. Dies soll noch durch eine weitere Aussage ergänzt werden, " Je niedriger die (k) u-Werte der Gebäudehülle, desto wichtiger werden Faktoren, wie das Nutzungsverhalten oder der Wirkungsgrad und die Regeltechnik der Heizungsanlage." [11] Unter den mitteleuropäischen Klimabedingungen beträgt die Heizperiode ca. 9 Monate. In dieser Zeit liegt ein Wärmestrom von innen nach außen an. [12] Die Außenhülle sollte daher so geschaffen sein, dass möglichst wenig Wärme abgeleitet wird. Die viel diskutierten Solargewinne können wegen der begrenzten Sonnenstunden nur einen Teil des notwendigen Energiebedarfs decken und stellen so allein keine alternative Lösung dar.
" Noch niemals in unserer Geschichte war das Klima in instandgesetzten Wohnungen so schlecht wie heute, ... Gezielte Dämmung und ohne mechanische Klimatisierungsanlagen bringen in unsere Häuser und Wohnungen exakt das zurück, was immer mehr vermißt wird: Gesundes Wohnklima!" [7] Dieser Kommentar zeigt, dass die Festlegungen des Wärmeschutzes, mit der Begründung etwas zum Klimaschutzes zu tun, etwas einseitig betrachtet wird. Dies wird auch in Erhebungen des Lehrstuhls für Umweltmedizin festgestellt, dass gerade durch die falsche Bauweise jährlich hohe Folgekosten entstehen [8], die sicherlich unter anderem in der traurigen Bilanz, dass mittlerweile jeder 10. Erstklässer Asthmatiker ist und nahezu 1/3 der Bevölkerung an Allergien leidet, Begründung finden. [5] Im Architektenbrief 17 [12] wird hingegen darauf verwiesen, dass bei Untersuchungen von 700 ungedämmten Wohnungen in den fünfziger Jahren in 30% der Fälle Schimmel nachgewiesen wurde und hierfür die schlechte Wärmedämmung verantwortlich war. Ich habe in den letzten Jahren vorwiegend ältere Häuser (ungedämmt) aus dem Baujahr von 1900 bis 1960 mit ca. 500 Wohnungen untersucht. Die aufgetretenen Schimmelprobleme können dabei an einer Hand abgezählt werden. Das waren vorwiegend das Nutzungsverhalten, falsche Wandbeschichtung und durchfeuchtete Wände. Es kommt sicherlich auch darauf an, welche Objekte in die Betrachtung einbezogen und wie sie bewertet werden.
Bei Bauwerksteile die eine geringe Wärmespeicherkapazität aufweisen, erfolgt der Wärmedurchgang ohne Zeitverzögerung, er wird stationär. Bei massiven Bauwerksteilen tritt jedoch eine zum Teil über viele Stunden verzögerter Wärmeaustausch auf. Zwischenzeitlich haben sich aber auch die Temperaturen, vor allem außen, geändert. Berücksichtigt man diese Gegebenheit aber, so wird jede wärmetechnische Berechnung überaus kompliziert. Es handelt sich hier um einen instationären Wärmedurchgang, der sowohl im Sommer als auch im Winter gilt. /13/
Zum Schluß noch eine Bemerkung. Wenn die Temperatur in der Wohnung nur 1 K reduziert wird, dann verringert sich der Wärmeenergieverbrauch um ca. 5%. Bei Strahlungswärme wird ohnehin eine niedrigere Raumlufttemperatur bei gleicher Behaglichkeit benötigt

Dipl.-Ing.oec., Ing. Peter Rauch
(Leipziger Institut für Bildung und Forschung e.V.)

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