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Was sind freie Berufe?


Freiberufler erbringen ihre Leistungen in persönlicher und sachlicher Unabhängigkeit von privaten und staatlichen Weisungen oder Anordnungen. Als wesentliches Merkmal werden persönliche individuelle Leistungen erbracht, deren Er-gebnisse ihrem Wesen nach Unikate sind. Der Freiberufler handelt dabei als Experte mit qualifizierter Ausbildung und hoher fachlicher Kompetenz, der seine Fähigkeit einem Dritten zur Lösung von dessen Problemen zur Verfügung stellt. Die Basis der Leistungserbringung bildet ein besonderes wechselseitiges Vertrauensverhältnis, dem ange-sichts nicht immer vorhersagbarer Ergebnisse der Leistungen (z.B. bei ärztlicher Behandlung, juristischer Beratung) eine besondere Bedeutung zukommt./1/

Grundsätzlich ist mit den freien Berufen ein hohes Maß an selbst bestimmter und eigenverantwortlicher Arbeitsgestaltung verbunden. Freiberufler berichten über diverse Vorteile ihrer Berufstätigkeit wie mehr Unabhängigkeit, höhere Arbeitszufriedenheit und bessere Arbeitsmöglichkeiten. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß gerade die flexible Arbeitszeitgestaltung auch eine hohe Arbeitsbelastung mit sich bringt. /2/

Zum 1.1.1999 waren in der Bundesrepublik 667.584 Selbständige in freien Berufen./3/

Die freien Berufe sind in i8 Abs. 1 EEinkommensteuergesetz (EstG) beschrieben und aufgelistet. Diese Auswahl bekannter Berufsgruppen wird auch als Katalog bezeichnet und dient den Finanzämtern als Entscheidungsbasis für die formale Zuordnung zu den freien Berufen. Problematisch ist, daß eine solche Aufzählung nie aktuell und vollständig ist, da sich die Berufswelt weiterentwickelt und sich neue Berufsbilder und Einsatzgebiete auftun.

Das ist wohl auch der Grund dafür, daß die Aufzählung mit den Worten "und ähnliche Berufe" endet. Das läßt zwar Spielraum für neue Berufsbilder und Einsatzgebiete, für den Einzelfall jedoch ist eine eindeutige Zuordnung zum Kreis der freien Berufe vielfach eine komplexe Herausforderung, zu deren Bewältigung die jeweilige Tatbestandsvielfalt beruflicher Wirklichkeit und deren stetiger Wandel berücksichtigt werden müssen.

Besonderheiten der freien Berufe

Zusammenarbeit und Zusammenschlüsse von Freiberuflern

Die Zahl der Freiberufler wächst ständig und damit, erhöhen sich die Anforderungen an den beruflichen Erfolg. Die härteren Arbeitsmarktverhältnisse verlangen flexible Anpassungstrategien für alle Freiberufler. Durch Globalisierung und Liberalisierung des Europäischen Binnenmarktes wird sich in Zukunft der "Einzelkämpfer" in seiner Einzelpraxis oder seinem Einzelbüro kaum noch behaupten können. Aus diesem Grunde steigt die Zahl der Zusammenschlüsse von Angehörigen freier Berufe. Der Zusammenschluß erhöht die Wettbewerbsfähigkeit. Allerdings sind der interprofessionellen Kooperation durch das Standesrecht heute noch Grenzen gesetzt.
Die häufigsten Formen der Kooperation sind:

Die lockerste Form der Zusammenarbeit unter Freiberuflern ist die sogenannte Büro- oder Praxisgemeinschaft. Dabei nutzen z.B. mehrere Ärzte, Architekten, Steuerberater oder Anwälte Büroräume und Personal gemeinsam und teilen sich die Kosten untereinander auf. jeder Partner arbeitet aber auf eigene Rechnung - Kasse und Mandanten -bzw. Patientenkarteien sind streng getrennt. Es muß keiner für Behandlungs- und Beratungsfehler des anderen einstehen.

Von der Praxisgemeinschaft ist die Gemeinschaftspraxis (Sozietät) zu unterscheiden, wo Mandanten/Patienten in einer Kartei geführt werden und Honorarerlöse in einen Topf kommen und jeder notfalls für die Fehler der anderen einstehen muß. Die Sozietät ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie kann nur von Angehörigen der steuer- und rechtsberatenden sowie der wirtschaftsprüfenden Berufe, die einer Berufskammer angehören, gebildet werden.
Zur gemeinsamen Berufsausübung einer selbständigen Tätigkeit in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen kann auch eine Steuerberatungsgesellschaft gegründet werden. Steuerberatungsgesellschaften können Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Offene Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften sein. Sie müssen von der obersten Finanzbehörde anerkannt werden. Voraussetzung für die Anerkennung ist, daß die Steuerberatungsgesellschaft von einem Steuerberater verantwortlich geführt wird. Grundsätzlich können sich nur Personen an ihr beteiligen, die zur uneingeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen gemäß 3 Steuerberatergesetz befugt sind. Dazu zählen neben Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten auch Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Rechtsanwälte.

Für die freien Beerufe ergeben sich mit der relativ jungen Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft neue Möglichkeiten und Perspektiven der kooperativen Berufsausübung und der interdisziplinären Zusammenarbeit.

Berufsgruppen

Die freien Berufe kann man in vier große Gruppen einteilen:

1. Technische und naturwissen-schaftliche Berufe

Dazu gehören u.a.: Ingenieure, öffentlich bestellte Vermessungs-ingenieure, Architekten, vereidigte Sachverständige, Lotsen, Chemiker, Geologen, Geophysiker, Mineralo-gen, Erfinder, Umweltgutachter.

Ingenieure

Die Berufsbezeichnung Ingenieur ist in der Bundesrepublik Deutsch-land durch die Ingenieurgesetze der Länder gesetzlich geregelt. In-genieur kann werden, wer an einer Technischen Hochschule/Universität oder Fachhochschule studiert hat und nach Ablegen einer Diplomprüfung einen anerkannten akademischen Grad wie Diplom-Inge-nieur/in bzw. Diplom-Ingenieur/in (FH) erworben hat. Die Tätigkeitsfelder der Ingenieure sowohl als Arbeitnehmer als auch als Selbständige sind weit gefächert wie in kaum einem anderen Beruf. Die wesentlichsten Tätigkeitsbereiche, die für den selbständigen Ingenieur in Frage kommen, sind z.B.:

Für die meisten dieser Tätigkeitsbereiche benötigt der Ingenieur Fähigkeiten und Qualifikationen, die über das an der Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule erworbene technische Fachwissen hinausgehen. So braucht beispielsweise der Ingenieur, der den Beruf des Patentanwalts ergreifen will, eine umfangreiche juristische Zusatzausbildung. Die verbreitetste Art, sich als Ingenieur selbständig zu machen, ist die Gründung eines Ingenieurbüros. Eine große Zahl von Ingenieuren beginnt die selbständige Tätigkeit nebenberuflich, so daß sie mit ihrer bisherigen Tätigkeit noch ein weiteres Standbein haben, falls die Gründung des Ingenieurbüros nicht erfolgreich sein sollte.

2. Wirtschafts-, rechts- und steuerberatende Berufe

Dazu gehören u.a.: Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, vereidigte Buchprüfer, beratende Volks- und Betriebswirte, Unternehmensberater, PR-Berater, Rentenberater, Verkaufsförderer.

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sind verwandte Berufe. Die Berufsbilder überdecken sich zu einem hohen Prozentsatz. Beide haben ihre Wurzeln in den beeideten Buchsachverständigen. Hieraus entwickelte sich in einer Spezialisierung der Wirtschaftsprüfer mit Vorbehaltsaufgaben im Bereich der betriebswirtschaftlichen Prüfungen und der Steuerberater mit vorwiegend steuerrechtlich geprägten Aufgaben. Seit 1986 kommen auch noch vereidigte Buchprüfer hinzu, die entweder schon Steuerberater oder Rechtsanwälte sind und Vorbehaltsaufgaben in der Prüfung mittlerer Kapitalgesellschaften erfüllen können.

Wegen der komplexen, vielgestaltigen und verantwortungsreichen Aufgaben sind die Zugangsvoraussetzungen und die Anforderungen an die Person sehr hoch. So darf als Steuerberater nur bestellt werden, wer die Prüfung als Steuerberater bestanden hat oder von dieser gemäß 38 Steuerberatungsgesetz befreit ist.
Das Zulassungs- und Prüfungsverfahren ist im einzelnen in der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften geregelt. Der Antrag auf Zulassung zur Steuerbraterprüfung ist an den Finanzminister des Laandes zu richten, in dem der Bewerber zum Zeitpunkt der Antragstellung hauptberuflich tätig ist oder in Ermangelung einer beruflichen Tätigkeit seinen Wohnsitz hat. Die Regelvoraussetzung für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung ist ein abgeschlossenes wirtschaftswissenschaftliches Studium (z.B. Abschluß als Diplom-Kaufmann oder Diplom-Volkswirt), ein anderes Universitätsstudium mit wirtschaftswissenschaftlicher Fachrichtung (z.B. Abschluß als Diplom-Wirtschaftsingenieur oder Diplom-Handelslehrer) mit einer Regelstudienzeit von mindestens acht Semestern oder ein abgeschlossenes rechtswissenschaftliches Studium. Weiterhin ist eine dreijährige hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens nach Beendigung des Studiums notwendig, um zur Steuerberaterprüfung zugelassen zu werden. Zur Steuerberprüfung kann auch zugelassen werden, wer eine Abschlußprüfung in einem steuer- und wirtschaftsberatenden oder einem kaufmännischen Ausbildungsberuf bestanden hat oder eine andere gleichwertige Vorbildung besitzt und nach Abschluß der Ausbildung hauptberuflich zehn Jahre auf dem Gebiet des Steuerwesens praktisch tätig war. Weitere Anforderungen liegen in der Person des Bewerbers. So muß z.B. der Bewerber seinen Wohnsitz in Deutschland oder einem Mitgliedsstaat der EU haben und in wirtschaftlich geordneten Verhältnissen leben.
Steuerberater, vereidigte Buchprüfer und Wirtschaftsprüfer üben einen Freien Beruf aus. Ihre Tätigkeit ist kein Gewerbe. Das Steuerberatungsgesetz und die Wirtschaftsprüferordnung sowie die praktische Übung bestimmen den Inhalt der Tätigkeit. Bei einer selbständigen Berufsausübung arbeiten Sie in einer Einzelpraxis oder in einer Sozietät z.B. mit anderen Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern oder Rechtsanwälten zusammen.

3.Heilkundliche Berufe

Dazu gehören u.a.: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Krankengymnasten, Physiotherapeuten, Heilpraktiker, Krankenpfleger, Hebammen, Ergotherapeuten.

Ärzte

Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe; er ist seiner Natur nach ein freier Beruf ( 1 Bundesärzteordnung). Die Zulassung zum Arztberuf regelt sich in der Bundesrepublik Deutschland nach den Bestimmungen der Bundesärzteordnung (BÄO). Die vom Staat erteilte Approbation als Arzt/Ärztin verleiht dem Inhaber das Recht, unter der Bezeichnung Arzt/Ärztin den ärztlichen Beruf und damit die gesamte Heilkunde uneingeschränkt auszuüben und sich in freier Praxis niederzulassen. Bei den weitaus meisten Ärzten vergehen jedoch zwischen Approbation und Niederlassung vier und mehr Jahre. Da rund 90 Prozent der Bevölkerung der BRD in den gesetzlichen Krankenkassen versichert sind, ist die Kassenzulassung für einen niedergelassenen Arzt von existentieller Bedeutung. Die Regelungen des Gesundheitsstrukturgesetzess (GSG) führten zu einer wesentlichen Einschränkung der Berufsausübung als Vertragsarzt aufgrund der Einengung des Arztes in der Niederlassungsfreiheit. Für niederlassungswillige der größeren Arztgruppen (z.B. Ärzte für Allgemeinmedizin, Augenärzte Hautärzte) werden Zulassungen nur noch ausgesprochen, wenn für die betreffende Facharztgruppe um die ausgewählte Region keine Überversorgung besteht. Von einer Überversorgung wird ausgegangen, wenn, der allgemeine, bedarfsgerechte Versorgungsgrad für eine Arztgruppe in einem Planungsbereich um mehr als zehn Prozent überschrit-ten wird. (Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte, Bundesanzeiger Nr.110a 18.6.1993)

4. Kulturberufe

Dazu gehören u.a.: Journalisten, Bildberichterstatter, Schriftsteller, beeidigte Dolmetscher und Übersetzer, Musiker, darstellende Künst1er, bildende Künstler, Designer, Gestalter, Restauratoren.

Erfordert die Ausübung eines in 18 Abs. 1 EstG genannten Berufes eine gesetzlich vorgeschriebene Berufsausbildung, so übt nur derjenige den Beruf aus, der auf Grund dieser Berufsausbildung berechtigt ist, die betreffende Berufsbezeichnung zu führen.

Dolmetscher und Übersetzer

Dolmetscher und Übersetzer gehören zur Gruppe der Sprachmittlerberufe. Eine gesetzliche Regelung der Berufsausübung für Dol-metscher und Übersetzer gibt es nicht. Die Berufsbezeichnungen sind auch nicht gesetzlich geschützt.
Freiberufler üben ihre Tätigkeit teils allein, teils in Form von Bürogemeinschaften oder Partnerschaftsgesellschaften aus. Für den öffentlich bestellten allgemein beeidigten und/oder ermächtigten Übersetzer bzw. Urkundenübersetzer/ Dolmetscher gibt es allerdings Vorschriften und gesetzliche Regelungen. Bei diesen Berufen handelt es sich um Fachübersetzer, die sich von ihren Berufskollegen nur durch ihren Status unterscheiden. Die Tätigkeit wird mancherorts neben der des allgemein beeidigten Dolmetschers (Gerichtsdolmetschers) ausgeübt (aus Blätter zur Berufskunde 2-XE 30 Dolmetscher/in und Übersetzer/in).
Die öffentliche Bestellung und die allgemeine Beeidigung sowie die Ermächtigung zur Bescheinigung der Richtigkeit und Vollständigkeit von Übersetzungen fällt in die Zu-ständigkeit der Länder, und zwar der Länderjustizverwaltungen. Da die Regelungen von Bundesland zu Bundesland verschieden sind, empfiehlt es sich, bei den jeweiligen Justizverwaltungen nach den Bedingungen für eine Zulassung, mancherorts Eintragung in eine Liste, zu fragen./4/

Literatur

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